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Die letzten Wochen auf dem Weg zur Hausgeburt

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  • 2 Wochen später...
  • 1 Monat später...
Geschrieben

Hallo mein Thread,

zunächst einmal der Grund wieso ich lange nichts schrieb:

http://forum.adeba.de/fruehlingsmuetter-2011/67337-quasselthread-fruehling-2011-a-533.html

Vielleicht hatte es die eine oder andere von euch mitbekommen.

Nun ist es immer noch so, dass ich wenig Zeit habe, weil ich vieles machen muss, was Schatzi vorher gemacht hat, weil er eben nicht so viel schafft und eben häufiger unterwegs ist...

ABER ich möchte doch endlich endlich den Geburtsbericht zu Ende bringen.

Natürlich habe ich stichpunktartige Aufzeichnungen, aber die Erinnerungen verblassen langsam (besonders kleine Details betreffend) und so dauert es immer länger, bis ich ich mich wieder in die Situation zurückversetzt habe und "detailgetreu" schreiben kann.

DOCH ich möchte, dass auch der rest des Berichts schön wird und daher nehme ich mir alle Zeit die es braucht, dass es schön und detailliert weitergeht, denn immerhin ist das vor allem für mich/uns und Annabell geschrieben. :)

Geschrieben

...Kleiner Teil alt als Einstieg...

…fertig. Ich schalte das Licht der Lampen rund um den Spiegel aus – Melina ist weggeflitzt, die Treppe runter und wieder nach unten. Und ich weiß nicht, ob sie evtl etwas hat mitgehen lassen. Oh man, dieses Mädchen…

Ich gehe wieder runter, höre etwas laut rascheln und knistern und biege ums Eck zum Wohnzimmer: Meli stellt bestimmt wieder irgendwelchen Unsinn an??

Doch es ist mein Mann, der die Malerplanen auspackt. Das Sofa hat er bereits mit einem Laken bezogen und auf dem Boden vor der Matratze und dem Sofa bis hin zur Tür liegt bereits das Malervlies…

„Okay, nun kann es losgehen; nun ist hier alles geburtsbereit!“ denke ich.

„Na, zufrieden?“ Männe umarmt mich und betrachtet wohlwollend sein Werk.

„Ja, sieht gut aus, unser Kreissaal. Nun kann die Kleine ja kommen. Wäre echt schade, wenn wir das alles umsonst so hergerichtet hätten und doch ins Krankenhaus müssten!“

„Ach momentan sieht es doch ganz gut aus!? Wie war es oben mit den Wehen?“ sagt er und hängt sich gleich mal in das Tragetuch, welches von der Decke baumelt. Typisch Mann – kommt nie aus dem Spielalter raus, denk ich mir.

„Ging so. Unverändert. Aber im Sitzen sind die nicht so stark. Vielleicht weil der Kopf dann nicht so sehr auf den Muttermund drückt!? Ich habe zwischenzeitig echt mal wieder gedacht, dass es weniger werden würde.

Aber wenn dann eine Wehe kam, war es schon ein starkes Ziepen im Unterleib!!!“

Meli prescht um die Ecke: in einer Hand einen Lippenstift in der anderen eine Reiswaffel und schmeißt sich auf das Sofa, woraufhin die Malerplane sofort knistert.

„War das?“ ist ihr Kommentar.

Wir müssen lachen und die Stimmung ist sehr gelöst irgendwie.

Ich brauche mehr weiblichen Rat oder Zuspruch und während Männe und Melina nun Bilderbücher studieren (Meli kann da echt ein ganzes Studium draus machen) rufe nun meine mitschwangere Freundin an.

Ihr ET ist nun um 4 Tage verstrichen und demnach wartet auch sie sehnlichst auf ihr Baby und bangt darum, nicht wie bei ihrer ersten Maus eingeleitet zu werden, denn das waren heftige 36 Stunden…

Sie ist nach kurzem Klingeln auch gleich am Telefon, als wenn sie auch meinen Anruf gewartet hätte.

„Wie geht’s dir, meine Liebe?“ beginne ich das Gespräch.

„Ganz gut, ich hab um 14 Uhr ja ‘nen Termin in der Klinik zur Kontrolle. Am Freitag (8.4.) muss ich dann definitiv zur Einleitung hin. Musst mir dolle die Daumen drücken, dass ich nicht heute schon dableiben muss. MuMu ist ja 3cm auf und die haben letztes Mal ja gesagt, dass sie mich ab 4cm dabehalten und einleiten. Und ich hatte die Nacht wieder Wehen.

Nee neeee, ich will dieses Kind da so raus haben – das soll dieses Mal so klappen, ich will eine schöne natürliche Geburt und nicht wieder so einen krassen Wehencocktail wie beim letzten Mal!“

Als ich nur „Hmm“ sage, stockt sie. Natürlich hab ich zugehört, aber ich fühle unterschwellig eine Wehe anrollen.

„Wie ists bei euch?“ fragt sie.

„Ach ich glaube mir geht’s wie dir, ich hab Wehen gehabt gestern Abend nach dem Spazieren gehen. Wir sind noch am Piesberg spazieren gewesen…“

„Bei dem Wetter??!“ werde ich unterbrochen.

„Ja, zuerst wars ja noch gut. Meli hat sich gefreut, dass wir rauskamen und wir hatten den Buggy mit, sie hat ja immer noch leichte Temperatur und da wollte ich sie an der frischen Luft wissen!“

„Ach so, ok, nun zurück zu den Wehen!“

„Ja als Meli gestern im Bett war, da saßen wir noch auf der Couch und Schatzi hat mit die Beine massiert, vor allem wegen des Wassers. Und da hatte ich so von 18-20Uhr alle Viertelstunde etwa Bilderbuchwehen!

Der Bauch wird sehr hart, es zieht sich komplett an den Bauchseiten runter, dann unten wieder in der Mitte zusammen wie bei starken Periodenschmerzen, ein richtiges Krampfen. Und dann ab in den Rücken – autsch. Runter, noch tiefer zum Mumu und dann ordentlich pieksen.“

„Mensch Wiebke, das sagst du mir JETZT erst?? Und ich plappere so vor mich hin wegen des Termins nachher, das hört sich doch toll an!“

„Ja wie gesagt, das war ja gestern Abend. Als wir ins Bett sind war aber wieder alles weg!

Die Nacht war ok; Meli war einmal wach, aber sonst konnten wir schlafen.“

„Na das ist gut, jede Kraft die du tanken kannst ist wichtig.“

„Ja, ich bin auch froh total froh; und nun pass auf: seit dem Aufstehen hab ich wieder so ein Ziehen. Echt heftig teilweise, aber ob das Wehen sind? Ich meine richtig effektive Wehen? Ich muss zwar atmen, aber ich kann noch alles machen…“

„Aber hör mal, Hauptsache es sind Wehen da, nech? Hast du schon mit E. telefoniert (das ist auch ihre Hebamme)?? Oder mit der anderen Hebamme, wie heißt sich gleich?“

„B?! Nee, aber die kommt gegen halb 12 eh zur Kontrolle und Akupunktur. Mit E. hab ich vorhin gesprochen, sie freut sich und meint, dass ich abwarten soll was B. sagt. Sie ist aber auch schon ganz gespannt!“

„Na und ich erst! Hey, ich hab IMMER gesagt, dass du deine Maus vor mir bekommst!“

„Und ich sag dir, dass es nur Übungswehen sind oder eben so wie bei dir. Naja, aber egal. Ich bin nur auf Bs Aussage gespannt, ob sich was am MuMu tut. Und Schatzi hat hier auch alles vorbereitet. Sieht gut aus, ich schick dir mal nen Foto.

Hauptsache es war nicht alles umsonst.“

„Ach quatsch, du wirst eine wunderschöne Hausgeburt haben, glaub mir! Ich bin mir da sehr sicher bei euch!“

„Danke dir, das ist lieb. Ich hab auch keine Angst – echt nicht. Ich hab halt nur immer gedacht, nicht gerade heute, weil wir ja noch zu Mamas Geburtstag wollten!“

„Es kommt wie es kommt. Was macht ihr mit Meli, wenn es doch jetzt immer stärker wird?“

„Konkret haben wir noch nichts beschlossen, entweder wir bringen sie zur Tagesmutti, dann müsste es jetzt aber bald schon doller werden. Oder eben Mama, aber ich will ihr auch nicht den Geburtstagskaffee vermiesen. – ich werde gleich mit Schatzi reden!

Und dir nun alles Gute für die Untersuchung nachher! Und wer weiß, vielleicht kommen unsere Mäuse doch zusammen an einem Tag auf die Welt? Bei den großen sind ja auch nur 9 Tage dazwischen…“

„Na das wär doch was. Ich ruf dich nachher an, wenn ich was genaueres weiß! Drück mir einfach die Daumen und du wehst schön weiter rum, okay??“

  • 1 Jahr später...
Geschrieben (bearbeitet)

So, lange ist es her... :redface:

Aber bevor nun die nächste Geburt schon wieder ansteht und der kleine Mann sich in den Startlöchern befindet, mag ich euch dennoch nicht den Rest der 1. Hausgeburt vorenthalten...

Ich hoffe so sehr, dass es dieses Mal ähnlich laufen wird... :D#

Also, ich knüpfe dann an den oben stehenden Teil an:

Nach dem Telefongespräch mit meiner Freundin vergeht die Zeit (ca. 1 Stunde) bis zum Eintreffen von B. irgendwie. Ich habe nur schwammige und keine konkreten Erinnerungen daran.

Alles ist wie in Watte gepackt.

Ich registriere, dass Meli und Männe Lego spielen und malen.

Immer wieder tigere ich durch die Wohnung, vor allem ins Wohnzimmer und betrachte das alles: Hier soll also die kleine Maus auf die Welt kommen? Und evtl schon heute? Unglaublich…

Ich horche in mich hinein: habe ich Angst? Nein, das nicht. Ich habe eigentlich gar keine großen Emotionen.

Irgendwie ist alles vermischt: Freude, Erwartung, Spannung. Alles hebt sich irgendwie auf.

Vor allem aber überwiegt dann eines: Die Neugierde auf den Hebi-Termin.

Halb 12 kommt, ich sehe es auf der Uhr – keine Hebi. Na toll, ausgerechnet heute kommt sie mal später? Denk ich mir, als es viertel vor 12 wird. Männe fragt mich zwischendurch, wie es mir geht. Er ist aber ganz locker. Meli ist etwas angespannt, merke ich, aber Männe tut alles, um sie abzulenken.

Kurz vor 12 frage ich Männe, ob wir die Hebi anrufen sollten. „Wieso?“ ist seine Antwort, „ist doch alles im Rahmen? Komm schon, sonst war sie immer gut in der Zeit und evtl muss sie sich halt länger um ein Baby kümmern!“

„Aber nicht, dass sie dann doch in ner anderen Geburt steckt?“ fasse ich meine Bedenken zusammen.

„Wieso, du denkst doch immer noch, dass es evtl heute nix mehr wird, oder?“ zwinkert er mir zu.

Ich würde ihm gerne einen Klaps geben… Insgesamt bin ich aber schon eher ruhiger geworden, da die Wehen in der letzten Stunde nicht an Intensität zugenommen hatten und die Abstände auch wieder ein wenig größer geworden waren.

12 Uhr und es klingelt an der Haustür – endlich. B. entschuldigt sich und erkundigt sich nach mir und uns. „Ich glaube, dass ich heute ernstere Wehen habe, B. Ich freue mich, dass wir Termin haben und du mal schauen kannst!“ gestehe ich ihr. „Ach, echt?“ sie ist schon ein wenig verwundert, vielleicht weil ich mich telefonisch noch nicht gemeldet hatte. „ Na dann schauen wir gleich mal nach!“ Sie betritt das Wohnzimmer und ist erstaunt, dass wir schon alles komplett vorbereitet haben. „Na ihr seid wie immer voll im Plan, oder?“ schmunzelt sie und Männe kann ihr nur zustimmen „Na mittlerweile kennst du uns doch und kannst doch einschätzen, wie wir organisieren, oder?“ „Na da wünsch ich euch aber, dass es heute was wird mit der Kleinen!“ Nachdem ich ihr von dem Spaziergang gestern, den Wehen in der Nacht und dann von heute Vormittag mitsamt Abständen und gefühlter Intensität der Wehen erzählt hatte, lege ich mich aufs Sofa, als ich eine Wehenpause vermute und hoffe, dass die Zeit zur Untersuchung ausreichen würde. Liegen unter Wehen? Nix für mich, war bei Meli auch schon so… „Oh, das sieht ja mal gar nicht so schlecht aus, auf jeden Fall hattest du wirksame Wehen, wie schön, oder?“ bestätigt B den Befund. „Erzähl schon!“ fordere ich sie auf. „Also, der Gebärmutterhals ist eigentlich vollständig verstrichen, das passt zu dem Abgang des Pfropfens, wie du geschildert hast. Und der Muttermund ist auch schon 3 cm auf!“

Ich bin platt. 3 cm? Wow. Innerlich beginne ich ein wenig zu tanzen, doch dann kommt die Stimme im Ohr zurück, die mir flüstert, dass es bei meiner Freundin E. ja auch bei ihren ersten Wehen so gewesen war und sie nun doch noch über 1 Woche damit herumgelaufen ist. Blöde Stimme.

„Die Kleine liegt gut im Becken – da haben die Senkwehen gute Dienste getan. Und vor ihrem Kopf ist ein Teil der Fruchtblase vorgelagert. Das kann ich gut fühlen – evtl platzt die bald… Wie steht es aktuell mit den Wehen? Momentan wirkst du nicht so.“ „Es kommt langsam wieder eine angerollt“ verkünde ich und stehe schnell auf. B. muss lächeln. „Die Abstände sind gerade aber eher weniger geworden. Was meinst du denn, wird das heute noch was?“ „Ich kann es dir leider nicht sagen. Als Erstgebärende würde ich eher „Ja“ sagen, aber beim 2. Kind. Es kann sein – oder eben auch nicht, tut mir Leid.“ Mit so einer Antwort hatte ich gerechnet.

Wie um mich abzulenken spricht B. schnell weiter: „Dann lass uns doch schnell die Akupunktur machen. Ich mache dann heute ein geburtseinleitende – vielleicht regt das bei dir noch weiter schön was an? Und dann noch ein paar Nadeln gegen das Wasser. Wenn du jetzt weiterhin den Tag über unter Wehen so herum läufst, dann wird dir sonst das Wasser nur so in die Beine sacken…“

Ich lasse mich wieder auf die Couch nieder und hoffe, dass die Nadeln Wirkung zeigen.

Während der Wartezeit bzw „Einwirkzeit“ erkundige ich mich, ob wir denn am Nachmittag zu meiner Mutter zum Geburtstagskaffee fahren können. „Hmmm, also wenn die Wehen jetzt nachlassen und dein Körper noch ne Pause bis zum Endspurt einlegt, dann würde ich sagen, dass es machbar wäre….“ Ist ihre Antwort. „Wie weit war das gleich?“ „35 km.“ „Naja, im Grunde musst du es selber wissen und wenn dein Bauchgefühl dir sagt, dass es eh nichts mehr wird mit den Wehen, dann kann es gut und gerne sein, dass ihr noch schön zum Kaffee hinfahren könnt und es dann heute Abend bzw. heute Nacht mit den Wehen weitergeht. Oder eben erst in 1-2 Tagen.“ „Ich denke dann halt, dass wir abwarten, wie es sich noch entwickelt, oder? Wir sollen so gegen halb 4 da sein, das ist ja noch etwas Zeit bis dahin. Momentan denke ich eher, dass wir…“ FAHREN KÖNNEN will ich sagen, aber da erwischt mich eine Wehe ohne Vorankündigung. B lächelt wissend. Am liebsten will ich aufstehen, aber mit den Nadeln in den Beinen geht das ja nicht und daher versuche ich irgendwie nicht zu verkrampfen. B. rutscht hinter mich und drückt mir sofort die richtigen Punkte im Rücken, so dass es erträglicher wird. Ich atme auf.

„Wiebke, du musst dir aber im Klaren darüber sein, dass es bei Melina sehr schnell ging bis zur kompletten Öffnung des Muttermundes! In der Akte vom KH stand drin, dass es lediglich eine gute halbe Stunde von 4 auf nahezu vollständige Eröffnung gebraucht hat! Und das war immerhin die erste Geburt“

Ich weiß das natürlich. „Aber jede Geburt ist doch anders!“ werfe ich ein. Wieso sträube ich mich eigentlich immer noch zu glauben, dass die Kleine heute kommen könnte? Innerer Schutz, ich weiß. Um mich vor einer totalen Enttäuschung zu bewahren, falls es heute nicht weitergehen würde mit Wehen und evtl. Geburt. „Wie gesagt, ich vertraue auf dein Bauchgefühl. Du wirst schon wissen, ob du fahren möchtest oder nicht und zur Not kommt ihr auf dem Rückweg mit Wehen zu mir in die Praxis – das ist ja nur die Hälfte der Strecke“ scherzt sie.

„Also, meine Empfehlung an dich wäre nicht zu fahren, wenn die Wehen so bleiben wie jetzt. Abstände von 10 Minuten sind nicht wenig. Viele Frauen fahren dann ins KH, auch wenn die Geburt dann noch auf sich warten lässt. Es kann sich eben so oder so entwickeln. Aber meine Meinung ist, dass WENN die Wehen nun so bleiben, dass die Kleine auch heute noch kommen wird.“

Wie um ihre Worte zu unterstreichen piepst der Wecker - die Aku ist vorbei. Während sie die Nadeln entfernt bekomme ich die nächste Wehe. „Na siehst du, das waren jetzt 2 in ca 12 Minuten“ sagt sie, während sie mir wieder den Rücken entlastet. „Ich habe heute früh noch mit E. telefoniert.“ berichte ich. „Wer von euch hat denn nun das Bereitschaftstelefon? Nicht, dass es mir wichtig wäre wer kommt, ich bin nur neugierig, weil E. etwas sagte, dass du schon gestern eine Hausgeburt hattest und sie daher trotz deiner Bereitschaft einspringen müsste? Wie war die denn?“ „Ach ganz gut eigentlich. War um 16 Uhr und ich war um 12 Uhr dort. Also konnte ich nachts gut schlafen. Es war ihr 4. Kind und ihre 2. Hausgeburt und lustigerweise wollte sie gestern auch gar nicht entbinden.“ „Wieso?“ „Das ist nun ihr 3. Kind, was am 4.4. Geburtstag hat!“ „Nicht wahr!“ bekomme ich erstaunt heraus und wir alle müssen lachen - was es doch für Zufälle gibt.

„Also, zu deiner Frage: Wenn es bei dir jetzt mit Wehen weitergehen würde, dann wäre E. wohl an der Reihe, obwohl ich ja Bereitschaft habe. ABER wenn es dann nach 16 Uhr wäre, dann wiederum ich, denn dann wäre die Geburt 24h her. Ich habe heute um 14:30 Uhr noch einen Termin in V. (ca. 45 km entfernt) zur Nachsorge.

Ich habe mir überlegt, wie wir uns am besten organisieren könnten. Wenn die Wehen wieder stärker werden bis viertel vor 2, dann ruf mich bitte an, dann fahre ich nicht zu dem Termin hin und komme stattdessen hierher, ok?“

Ich nicke und bestätige dieses, obwohl ich mich wundere, dass ich dann nicht doch E. anrufen sollte. Sie geht wohl auch eher nicht davon aus, dass es so flott weitergehen würde. „Ich denke mal, dass wir zum Geburtstag fahren werden!“ entgegne ich zwinkernd und bringe sie zur Tür, wo Meli schon wartet um zu winken.

Während der Behandlung war sie auch dabei und lenkte B. zwischendurch immer mit Spielaufforderungen ab, weil sie es ja schon kannte und B. sehr lieb gewonnen hatte.

Bearbeitet von Wiwi84
Geschrieben

Nachdem die Hebi weg ist, koche ich uns ein Mittagessen, was aus einer simplen Nudelpfanne mit Ei und Speck besteht.

Immerhin ist B. gut 45 Minuten hier gewesen und ich will nicht größeres zaubern, da am Nachmittag ja noch der Kaffee mit Kuchen und Torte bei Mama anstehen würde. Außerdem soll es schnell gehen mit dem Essen, denn Meli hat ja noch immer leichtes Fieber und muss dringend Mittagsschlaf machen.

Während des Kochens rufe ich meine Mutter kurz an und berichte vom Befund und der Meinung der Hebi und erkläre, dass wir um halb 4 bei ihr wären, denn momentan würde es nicht so aussehen, dass er weitergehen würde. Ich höre ihren leichten Zweifel, aber wir verblieben so. Währenddessen merke ich aber, wie die Wehen wieder stärker werdend zurückkehren. Es machte wohl doch einen Unterschied aus, ob ich sitze oder stehe…

Während des Essens registriere ich Abstände von 3 oder weniger Minuten, zwinge mich aber sitzen zu bleiben, um Meli nicht zu verwirren und sie nicht aufzuregen, bevor es ins Bett geht. Hatte ich vor dem Essen noch vor, die Maus selber ins Bett zu bringen, so bitte ich dann doch Männe darum und räume in der Zeit die Küche auf, was aber eher in einem Hin- und Herlaufen endet. Als Männe nach 20 Minuten wieder in der Küche hinter mir steht, meint er nur „Na, doch Geburt?“ „Ich weiß es nicht, aber weniger wird es nicht.“ gestehe ich. „Ich war gerade noch auf dem Klo und es ging wieder ein ganzer Batzen Schleim ab – dieses Mal so viel wie gestern insgesamt zusammen und auch ein wenig Blut drin. Es tut sich also weiter was und ich denke mal, dass sich unter diesen Wehen der MuMu doch weiter öffnet.“

Männe grinst nur und meint „ok, dann also doch Decken ins Auto und ab zum Kaffee?Soll ich das Schweizer Taschenmesser auch noch aus der Vitrine holen und einpacken?“ scherzt er.

„Ich glaube nicht, dass es richtig wäre, unter diesen Umständen zum Kaffee zu fahren…“ presse ich unter der nächsten Wehe nüchtern hervor. „Wie war das Insbettbringen?“ „Ganz gut, aber ich glaube, dass sie alles genau merkt, sie war schon unruhig und dann noch das Fieber. Ist aber unverändert geblieben“.

„Na wenigstens etwas…“ Ich schaue auf die Uhr, 5 vor 2. „Was hat B nochmal gemeint, bis wann ich Bescheid geben sollte?“ „Viertel vor 2.“ „Ok, dann rufe ich jetzt E. an!“ „Hä?“ „Naja, es ist kurz vor 2 und B. somit schon zum Termin los nach V.…“

„Aber evtl erwischt du sie noch im Auto auf der Fahrt?“ „Ach, ich halte mich jetzt an ihre Aussage und E. kennen wir ja schon länger; ich würde auch gerne bei ihr entbinden…“ „Hmm, mir wäre das egal…“

Mir ja eigentlich auch - hauptsache es ist ne Hebi anwesend.

Ich wähle die Nummer und E. geht wieder schnell dran. „Wiebke, wie sieht es aus? Was sagt B.?“ Ich schildere kurz den Befund und ende mit der aktuellen Lage. Unterbrochen wird die Schilderung von 2 Wehen, die ich aber versuche zu unterdrücken.

„Was meinst du denn, ab wann soll ich euch denn auf dem Handy mit Bereitschaftsnummer anrufen?“

„Sobald du möchtest, dass jemand nachschaut, wie es voran geht bei dir. Sprich: Sobald du dich nicht mehr so sicher fühlst unter den Wehen. Du wirst schon wissen, wann es soweit ist.“ „Ok", sage ich. "Also kommst du dann?“ Mehr bringe ich nicht heraus, denn die nächste Wehe steht an.

„Nein, B. hat mir vorhin eine SMS geschrieben, dass sie den Termin in V. abgesagt hat und auf deinen Anruf wartet.“ Ich bin erstaunt, also denkt B doch, dass es heute weitergeht?!

„Ich dachte aber, dass du doch dran wärst wegen der Geburt gestern?“ presse ich hervor. „Wir haben jetzt ausgemacht, dass sie ihre Bereitschaft fortsetzt, weil die Geburt gestern so schnell ging und ja auch nicht wirklich anstrengend war. Und 16 Uhr ist ja nur noch 2 Stunden hin, dann sind die 24h eh vorbei…“

Ich bin enttäuscht, lasse es mir aber nicht anmerken. „So sind halt unsere Abmachungen. Ich würde gern kommen, glaube mir, und nach unserem Gespräch heute morgen dachte ich auch, dass ich an der Reihe wäre. Aber du musst auch verstehen, dass wir nicht danach gehen, wo wir gerne wären, sondern wie wir uns absprechen. Es muss ja eine gleichberechtigte Behandlung und Verteilung geben. Das gilt für alle werdenden Mamis.“ „Ja, das verstehe ich. Danke dir!“ sage ich nur. „Viel Glück, das wird schon alles werden! Ich freue mich, dann die Tage zur Nachsorge zu kommen – habt eine schöne Geburt! Ich bin in Gedanken bei euch!“

Noch eine mehr, die glaubt, dass es heute was werden würde.

Ich bedanke mich, lege auf und veratme die nächste Wehe. Männe erkundigt sich:“Und?“ Ich schildere alles und er meint nur „dann los, ruf deine Mama an und sag den Kaffee ab!“

Die Nummer meiner Mutter wähle ich wie in Trance „Mama?“ frage ich sofort nach dem Abheben. „Es tut mir total Leid, aber es ist jetzt 10 nach 2 und ich habe wieder stärkere Wehen bekommen. Nicht nur dass ich absagen muss für heute Nachmittag. Ich muss dich leider auch bitten, dass du den Kaffeegästen absagst. Ich weiß nicht, wie es sich entwickeln wird, aber es kann eben gut sein, dass die Kleine dir heute persönlich gratulieren mag.“

Meine Mutter sagt mir noch, dass sie sowieso schon allen bis auf meinem Bruder mitsamt Familie abgesagt hätte.

Die Ahnung einer Mutter? Und sie erklärt, dass sie sich dann auch auf den Weg machen würde. Sie wird dann wohl gegne 15 Uhr bei uns eintreffen.

Ich bedanke mich bei ihr, nachdem ich mich noch gefühlt 1000x entschuldigt habe, ihr den Geburtstag versaut zu haben, woraufhin sie immer wieder beschwichtigt und verneint. Sie wäre ja schon vorgewarnt gewesen - hätte aber konkret nicht mit dieser Entwicklung gerechnet.

Kaum lege ich auf, werden die Wehen noch stärker. Ich bitte Schatzi, mir den Rücken zu massieren und laufe dennoch immer wieder vor ihm weg. „Das macht es mir aber nicht gerade leichter, dir zu helfen!“ scherzt er. Um mich abzulenken husche ich noch ins Forum. Viele Mädels drücken mir mittlerweile die Daumen, geben Tipps ab, ermutigen und fragen neugierig. Unter Wehen poste ich die News vom Hebi-Besuch und gebe den aktuellen Stand durch. Tippen kann ich nur noch im Stehen – auf dem Ball zu sitzen ist unmöglich vom Druck her aufs Becken.

Männe macht ein Foto, wie ich so mit Wampe vor dem Laptop stehe und erklärt mich für bekloppt. Aber ich sage, dass es mich ablenkt und er zwinkert mir zu „schon ok, Schatzi“.

Ich merke, wie die Wehen es mir unmöglich machen stehen zu bleiben und tippe die letzten Worte, dass ich auf gedrückte Daumen hoffe und jetzt die Hebi anrufen werde. Ja, ich gestehe ein, ich fühle mich unsicher.

Ja, ich gestehe, ich denke jetzt, dass es losgeht – unser Wunder 2.0 wird heute das Licht der Welt erblicken.

Vorfreude erfasst mein Herz und lenkt mich vom Wehenschmerz ab. Es geht lohos – es geht wirklich lohos!

Geschrieben

Schatzi reicht mir das Telefon. Auch B. hebt sofort ab. „Na, wie sieht es aus? Tut sich was?“

„Ja, also ich denke, dass es stärker wird. Nein, es ist stärker, eindeutig. Magst du bitte vorbei kommen und nachsehen? Ich möchte wissen, wie es voran geht. Es schmerzt so derart im Rücken, die Lokomotive überrollt mich, brennt und fährt unweigerlich weiter, egal in welche Position ich mich begebe.“

Sie macht sich sofort auf den Weg – eine halbe Stunde Fahrzeit müssen wir jedoch mindestens einkalkulieren. Langsam werde ich hibbelig – hoffentlich geht das alles gut. Ich vertraue mir – vertraue meinem Mann, aber es geht doch alles zügig voran in den letzten Minuten. Ich setzt mich wieder hin – auch wenn es schmerzt, auch wenn es unerträglich wird unter den Wehen, auch wenn es drückt. So weiß ich doch, dass dann weniger Druck auf dem MuMu lastet und ich hoffe, dass ich alles etwas entschleunigen kann. Ich hoffe nur, dass beide Frauen schnell hier sein werden und es unterwegs keine Probleme mit dem Verkehr geben wird…

Die Zeit des Wartens zieht sich gefühlt wie Kaugummi. Aber die Wehen lenken ganz schön ab. Ich hoffe nur immer wieder, dass es doch kein Fehlalarm ist. Wie wäre ich enttäuscht darüber. Solchen Wehen zu haben und dann auf einmal nix mehr? Stillstand? Ende? Und dann ein womögliches Finale Tage später?

Ich laufe meine Runden: In der Küche hin bis zur Terrassentür, umdrehen, zurück und auf den Flur rein ins Wohnzimmer. Eine Runde auf dem Malerfließ bis zur Geburtsmatratze vor dem Sofa, umdrehen und wieder zurück über den Flur bis in die Küche. Ich veratme die Wehen – einatmen - auspusten – lang und ausdauernd. Noch geht es alles…

Zwischendurch gehe ich mal auf die Toilette. Aber entspannen kann ich da nicht – was ein Druck. Ich kann den Urin kaum loslassen, so sehr drückt alles schon. Männe und ich unterhalten uns während meiner Runden über belanglose Dinge. Eigentlich wollte er heute Mittag noch einkaufen und Getränke holen. Scherzhaft fragt er mich, ob er noch losfahren sollte, so lange Meli noch schläft. Mein entsetzter Blick sagt alles und er küsst mich grinsend. Blödian, der hat gut grinsen. Schließlich muss er nix weiter tun als warten, bis seine 2. Tochter zur Welt kommt…

Endlich, gegen 15 Uhr, höre ich ein Auto vorfahren. Es ist meine Mutter. "Dafür, dass sie sich langsam auf den Weg machen wollte, ist sie dann aber doch flott hier!" denke ich.

Sie kommt zur Tür herein, bepackt mit Brot, Aufschnitt, Kuchen und Sekt – dabei ists doch ihr Geburtstag?!

Männe putzt derweil nochmal den Ofen durch – soll ja sauber sein, wenn später die Handtücher für die Kleine Maus erwärmt werden sollen. Ich registriere es und lasse ihn kommentarlos gewähren. Ich umarme meine Mutter, gratuliere ihr von Herzen und laufe dann meine Runden weiter. „Hmm, ob man in Fliesen und Laminat auch Laufstraßen reinlaufen kann?“ geht es mir durch den Kopf. Bei der nächsten Wehe probiere ich eine Abwandlung: mit gesenktem Kopf versuche ich nicht auf die Fugen zu treten – öfter mal was neues. ;)

Und so gehe ich weiter: Fliese um Fliese bis zum Laminat im Wohnzimmer usw.

Meine Mutter packt die mitgebrachten Sachen in den Kühlschrank, erkundigt sich bei Männe nach dem Befinden von Meli und fragt, wann die Hebi kommen würde. Klack, eine weitere Autotür. Ich höre sie aus dem geöffneten Fenster des Badezimmers, als ich daran vorbeitigere. B ist da – Erleichterung macht sich breit. Ich will endlich wissen, wie es voran geht. Der Blick auf die Uhr sagt mir 15:15 Uhr. Männe ist schon an der Tür und öffnet sie, ohne dass B klingeln muss. Die kommt herein – vollbepackt mit Tasche, Geburtskoffer und der Babywaage unter dem Arm. Ich weiß nicht wieso, aber dieses Bild, gerade diese Waage unter ihrem Arm, ist der Auslöser dafür, dass mich volle Zuversicht und Vertrauen packt. Als ich dann in ihr lächelndes Gesicht schaue, sehe ich auch bei ihr Zuversicht und auch ein wenig Vorfreude. „Na das ging ja dann doch schneller mit euch, oder?“ begrüßt sie uns. Sie legt ihre Sachen ab und begrüßt dann meine Mutter und gratuliert ihr. Während ich unter der nächsten Wehe wieder ins Wohnzimmer tapere, reden die beiden noch in der Küche und Männe geht hoch zu Meli, die mittlerweile wieder aufgewacht ist.

Bei meiner Rückkehr fragt meine Mutter die Hebi gerade, ob sie auch einen Kaffee und ein Stück Kuchen möchte und B. sagt zu. Wieso auch nicht? Es ist immerhin halb 4 und somit beste Kaffeezeit. Aber ich muss dennoch lachen, denn es ist einfach so surreal: meine Mutter an ihrem Geburtstag bei uns in der Küche, zusammen mit der Hebi diskutierend, ob es jetzt Kaffee geben sollte, währenddessen ich mit Wehen durch das Erdgeschoss laufe. Ich gehe zur Kaffeemaschine und stelle den Kaffee an – gerade ist keine Wehe in Sicht. Meine Mutter meint natürlich sofort, dass sie das machen würde, aber ich teile ihr den Kuchen zu. Kaum ist der Kaffee angestellt, kommt die nächste Wehe und B. begleitet mich auf meinem Weg ins WoZi.

Die Wehen kann ich trotz der Schmerzen noch gut veratmen und immer und immer wieder bin ich erstaunt, wie entspannt dann doch die Wehenpausen sind. Jeglicher Schmerz ist weg, als wäre nie ne Wehe gewesen… Nach der Wehe fragt B., ob sie mal schauen soll, wie weit es schon ist und ich stimme natürlich sofort zu. Man, was bin ich gespannt. Kaum ist sie mit der Untersuchung fertig, kommt auch schon die nächste Wehe. Und während ich mit halb hochgezogener Hose wieder auf meine Wanderung gehe, bekomme ich mit, wie sie mir „7cm schon, Wiebke, da ist definitiv kein Fehlalarm mehr möglich, die Kleine kommt heute da raus – sie kommt sogar sehr bald daraus, weiter so!“ mitteilt.

WOW, das ist toll! 7cm? Das gibt mit weitere Zuversicht. Nach der Wehe hört sie noch schnell die Herztöne der Kleinen – sie macht alles anscheinend bis jetzt gut mit.

Männe kommt mit Meli auf dem Arm runter. Sie hat gut geschlafen und begrüßt uns alle freudig. Ich teile Männe den Befund mit und auch er freut sich sichtlich darüber und strahlt. Es läuft alles wie am Schnürchen!

Dann gehen wir in die Küche. Alle nehmen sich Kuchen (ich lehne dankend ab, habe genug anderes zu tun) und Meli ist zum Glück total abgelenkt, dass Oma UND B. gleichzeitig da sind und auch noch mit ihr Kuchen essen wollen, dass sie nicht bemerkt, dass ich mich weder an den Tisch setze, noch Kuchen mit essen mag.

Ich verschwinde immer wieder aus der Küche, sobald sich eine Wehe ankündigt und gehe meine Runde.

Höre im Wohnzimmer meist, was die anderen so reden und gebe dann meinen Senf dazu, wenn ich nach Abebben der Wehe in die Küche zurückkehre.

Mittlerweile finde ich es lustig, irgendwie. Stets der gleiche Ablauf. Und nach wie vor surreal. KEIN VERGLEICH zu einer Geburt im KH.

Alles so persönlich, alles so harmonisch, alles so entspannend.

Wie bei einem normalen Kaffeekränzchen.

Nur dass die Besetzung mit Mutter bzw. Oma, Hebamme, Ehemann und erstem Kind neben mir als sozusagen Hauptperson und Gebärende alles andere als normal ist. Und dass ich eben immer wieder auf Wanderschaft gehe und mir dabei die Blicke der anderen folgen:

Meine Mutter mit Spannung und ein wenig Sorge darin, meine Tochter mit Staunen und einigen Fragezeichen in den Augen, mein Mannes voller Liebe und Erwartung und meine Hebi mit fachmännischer Einschätzung der Lage…

Das Telefonklingeln reißt mich aus meinen Gedanken. Gerade keine Wehe, also gehe ich ran. Es ist meine Freundin E. Sie ruft mich aus dem Auto an.

„Hallo Liebes, ich bin gerade auf dem Rückweg aus dem KH. Ist alles gut, der Mumu hat sich nicht weiter geöffnet. Sie haben mir noch weitere 4 Tage Aufschub gegeben. Ich bin total happy! Was tut sich bei dir?“

„Hier ist alles supi soweit. Die Wehen wurden über Mittag stärker und nun sind die Hebi und meine Mama da.“

„Ist nicht wahr, das ist ja fantastisch!“ unterbricht sie mich.

Ich schweige, die nächste Wehe ist im Anmarsch. „Hörst du mich noch? Oder ist die Verbindung gerade weg?“ fragt sie nach. „Kein Problem, hab gerade ne Wehe“ quetsche ich hervor und atme hörbar aus.

„Ach Gott, meine Liebe, du spinnst wohl unter ner Wehe mit mir zu telefonieren? Ich rufe…“ „Nee, schon gut“, unterbreche ich sie dieses Mal, ist ja jetzt wieder weg. Da haben wir gut 3 Minuten zum Quatschen. „Du bist und bleibst bekloppt!“ ist ihr Kommentar. „Wie sieht es denn genau aus bei dir? Wurdest du schon untersucht? Hat sich schon was am MuMu getan?“ „Ich bin bei 7 cm!“ sage ich ihr. Am anderen Ende höre ich 2 Sekunden Stille, dann höre ich sie lauthals kreischen:

“ Waaaaas? Du bist bei 7 cm und das sagst du mir einfach so und bist auch noch ans Telefon gegangen und dann telefonierst du auch noch mit mir? Ich pack es nicht…“

„Kein Problem, wenn die Wehe weg ist, dann ist alles supi, aber ich mach jetzt mal Schluss, ok, denn die nächste Wehe kommt gleich! Ich drück dir die Daumen, dann du mir schnell folgst. Wäre doch total toll – unsere Babies an einem Tag?“ „Das schaff ich wohl nicht mehr, aber dir eine tolle Geburt, ich wünsch es euch von Herzen, dass alles gut läuft! Hab dich lieb!“ Ich sage nur noch „danke“, lege auf und gehe schnell ins Wohnzimmer. Die nächste Wehe ist heftig. Das bekommt auch Meli mit, die nun endgültig keine Lust mehr auf Kuchen hat und mitbekommt, dass Mama doch anders ist als sonst. Sie wirkt verunsichert, als sie mich so halb übergebeugt atmen sieht. Meine Mutter erscheint im Türrahmen und ermutigt Meli, mit zum Spielen ins Obergeschoss zu gehen. Während meines Telefonats haben alle die Küche aufgeräumt, der Kaffee ist vorbei.

Und irgendwie fühle ich auch bei mir nun eine Wende eintreten. Die Wehenstärke nimmt weiter zu, es wird heftiger, intensiver, andauernder. Lustig ist es nicht mehr – es schmerzt und brennt dauerhaft. Die Wehenpausen bieten keine allzu große Erleichterung mehr, sondern nur kurze Pausen der Linderung. Ich bitte B, dass sie mir den Rücken stützt. Man, wieso wieder so in den Rücken? Wie beim ersten Mal bei der Großen. Autsch…

Geschrieben

Die nächsten Wehen überrollen mich und mir bleibt nichts weiter als laufen laufen laufen und atmen atmen atmen.

B. sieht mir zu, schätzt ein, notiert den Verlauf, hört Herztöne ab. Sie lässt mich machen, vertraut auf mein Bauchgefühl. Nach ein paar weiteren Wehen fragt sie mich, ob ich mich mal hinlegen wollen würde – vielleicht ein wenig auf die Seite, weil die Wehen jetzt ja doch in sehr kurzen Abständen kämen und auch sehr stark wären und ich ja heute den ganzen Tag schon auf den Beinen und am Laufen wäre.

Ich sage ihr, dass ich das bestimmt nicht haben kann, aber ein „probier es halt mal aus, vielleicht für ne Viertelstunde?“ überzeugt mich dann doch. Wieso auch nicht? Kaum liege ich aber, kommt die nächste Wehe. Sofort bitte ich B., mir wieder hochzuhelfen.

Nein, no way, DAS geht gar nicht.

Wehe im Liegen ist schrecklich. Ich fühle mich dann hilflos ausgeliefert und es fühlt sich an, als würde ich innerlich im Rücken zerreißen. Nee, zuvor noch mit etlichen heißen Nadeln bespickt und dann genüßlich in der Mitte zerrissen. So fühlt es sich an.

B. ist nun auch überzeugt, dass Liegen wirklich nichts für mich ist und ich kommentiere das nur mit „war bei der letzten Geburt auch schon so. Niemals freiwillig unter Wehen liegen!“

Männe bereitet derweil in der Küche alles weitere vor: Eimer mit Müllsäcken bestücken, Wasser aufsetzen, Handtücher bereit legen, Backofen auf 37° bringen, etc. Immer wieder kommt er aber ins Wohnzimmer und erkundigt sich bei mir.

Ich blicke auf die Funkuhr, die ihre roten Zahlen an die Decke des Wohnzimmers wirft. 16:15 Uhr. „Mist, die Zeit von der Geburt gestern schaff ich nicht mehr!“ scherze ich in einer Wehenpause. B. grinst nur und meint: "Ach, das dauert bei dir bestimmt auch nicht mehr lange…"

Ihr Wort in Gottes Ohr…

Die nun kommenden Wehen muss ich vertönen – es wird noch heftiger.

Ich weiß was kommt, aber Lust hab ich da nicht drauf.

Ich weiß, dass jede Wehe etwas bewirkt – versuche mich zu öffnen, kein Hohlkreuz, Wiebke, runden Rücken machen, nach der Wehe tief atmen, usw. Wie ein Mantra gehe ich innerlich alles durch. Es läuft schon fast routiniert ab, wie ein Uhrwerk. Rundherum und immer das Gleiche.

Männe ist mit den Vorbereitungen fertig und bleibt nun bei mir, streichelt mich am Rücken, wenn die Wehe weg ist.

Ich bleibe jetzt nur noch im Wohnzimmer. Die Zeit reicht nicht mehr, meine Runde bis in die Küche über den Flur und zurück zu drehen, bis die nächste Wehe ansteht. Also werden im Wohnzimmer kleinere Runden gedreht – auf und ab. Links herum – rechts herum. Nächste Wehe, verdammt, autsch.

In der nächsten Wehenpause bekomme ich mit, wie Meli oben weint und protestiert. Das lenkt mich kurz ab, die folgende Wehe erscheint mir gleich weniger intensiv.

Was ist los da oben?

Ich bin abgelenkt und Männe geht nachschauen. Ich höre ihn reden; er bleibt gute 5 Minuten weg.

Als er wieder kommt erklärt er, dass Melina nicht mehr oben bleiben wollte und nun hat er meine Mutter mitsamt Meli erstmal nach draußen auf den Spielplatz verbannt.

Sofort entspanne ich mich merklich – ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich mich angespannt hatte?!

Und mir wird folgendes klar: Ich hatte mich unter den Wehen unbewusst doch wohl noch zurück gehalten. Ich war nicht so laut, wie ich hätte sein können oder wollen. Ich habe tatsächlich unterbewusst wohl daran gedacht, dass es nicht so toll wäre, wenn Meli oder meine Mutter oben alles mitbekommen würden.

Und dabei hatte Männe ihnen oben schon Kindermusik angestellt, was er mir aber jetzt erst sagt, was ich zuvor nicht mitbekommen hatte.

Die nächste Wehe ist wieder stärker und ich lasse mich komplett fallen.

Öffne meinen Mund – wie war das? Mund auf und „aaaa“ lässt auch den MuMu aufgehen? – und vertöne ungehemmt.

Nachdem sie verebbt ist, steht die nächste Untersuchung von B. an.

Es ist 16:45 – der Muttermund ist bei 9-10cm. Irgendwas dazwischen. Meine Hose lasse ich nun auch aus.

Die Wehen kommen beständig in voller Stärke und mich hält nix mehr auf den Beinen. Ich begebe mich auf die Knie in den Vierfüßler auf die Matratze und lehne mich mit dem Oberkörper auf Schatzis Schoß, der vor mir auf dem Sofa sitzend Platz genommen hat.

So bin ich ständig in aufrechter Haltung, die Schwerkraft kann weiter mitarbeiten. Männe hab ich absichtlich vor mir platziert, dass ich bei ihm unter den Pausen mit meinem Kopf auf seinem Schoß ausruhen kann und B. mit ihrem Wissen um Linderung meinen Rücken weiterhin stützen kann.

Natürlich hilft es auch, wenn Männe meinen Rücken massiert, aber eine Hebi weiß eben sofort wo und mit welcher Stärke es angebracht ist. Eine weitere Wehe kommt, ich greife vor mich in das Tragetuch, welches vor mir von der Decke baumelt. Alle meine Kraft lege ich in meine Arme – in den Zug auf das Tragetuch. Ich will es gar aus dem Haken an der Decke reißen. „Auaaaaaaa, mein Rücken!“ presse ich hervor. Sofort lässt sich B. hinter mir nieder und drückt mir derart in den Rücken, dass es schmerzt. Aber dieser Schmerz tut gut. Er nimmt den Schmerz der Wehen. Was eine Erleichterung und was eine Ironie? Schmerz gegen Schmerz...

So mache ich es weiter, Wehe um Wehe überrollt mich. Der Ablauf der nächsten Minuten ist immer der gleiche. Sobald ich eine Wehe anrollen spüre, richte ich mich auf, umfasse mit den Händen das Tragetuch, kralle mich fest und es kommt nur ein kurzes „B, Wehe“ über meine Lippen.

Schon spüre ich den Druck in meinem Rücken und schreie lauthals meinen Schmerz heraus. Meine Arme zittern von der Kraft, die ich aufwende, mich in das Tuch zu krallen. Schmerz gegen Schmerz.

Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn.

Es ist einfach nur so anstrengend, sich unter den Schmerzen nicht zu verkrampfen, sondern sich im Gegenteil zum Schmerz hin weiter versuchen zu öffnen.

Verebbt eine Wehe, lasse ich mich nach einem tiefen Ein- und Ausatmen nach vorne mit dem Kopf auf Männes Schoß sinken, meine Muskeln zittern leicht, vor allem die Oberarme und die Beine.

Puuh, wieder eine geschafft.

Ich bekomme mit, wie B in den Pausen schnell versucht Notizen zu machen, aber meist reicht die Zeit bis zur nächsten Wehe nicht.

Unter den Wehen bekomme ich mit, wie Männe mir leise liebevoll Mut zuspricht und sagt, wie toll ich das alles mache.

Aber das will ich gar nicht hören. Es lenkt mich ab. Er soll still sein.

Das bekomme ich aber nicht über die Lippen. Meine volle Konzentration hängt in mir fest.

Versucht die Schmerzen in reine Kraft umzuwandeln.

Es geht voran, aber es tut auch soooo weh. B. meint in den Wehenpausen, dass ich mir unter den Wehen vorstellen sollte, wie sich eine Blume öffnet. So solle ich es auch machen. Blütenblatt um Blütenblatt, bis zur vollen Eröffnung. Unter der nächsten Wehe habe ich kurz dieses Bild in mir – nein, das passt nicht zu mir. Das funktioniert so nicht.

Schnell versuche ich das, was mir unter der ersten Geburt geholfen hat: Das Bild von Wasser und Wellen. Und jede Wehe ist eine Welle, die mich näher an das Ufer bringt zu meinem Baby.

Aber nein, auch das ist nicht passend. Es ist irgendwie nicht das richtige für diese Geburt. Ich denke eher an das Licht am Ende des Tunnels – halte dieses Bild aber nicht in mir fest.

Irgendwie brauche ich dieses Mal kein Bild vor mir. Meine gesamte Kraft konzentriert sich auf mein Inneres, ich denke an nichts mehr, lasse meine Körper für mich arbeiten und folge irgendwie nur noch den Anweisungen meines Körpers.

Mein Gehirn ist unter den Wehen ausgeschaltet. Nichts mehr denken – nur noch machen.

Agieren – reagieren.

Simpel und einfach, aber schmerzhaft.

Dann höre ich aber um 17:30 Uhr die Haustür klacken und sofort ist mein Gehirn wieder eingeschaltet.

Ich spüre, dass Schatzi sich vom Sofa erhebt.

„Nee“ schießt es mir durch den Kopf, „jetzt bitte keine Störung, es läuft so gut!“

Geschrieben (bearbeitet)

Die nächste Wehe töne ich in ein Kissen.

Das ist aber lange nicht so befreiend und förderlich.

Männe kehrt zurück. Er hat Meli und meine Mutter wieder nach oben verfrachtet und zudem die Tür vom Windfang (also zum Erdgeschoss) von innen abgeschlossen, nachdem er für Meli und Mama noch Getränke und Naschereien mitgegeben hatte.

„Keine Chance also mehr auf Störungen, außer sie fangen an, an die Tür zu klopfen!“ scherzt Männe.

Ich will gar nicht näher darüber nachdenken – sie sind nun halt wieder oben, Musik läuft wieder, alles ist gut, weiter geht’s. Gehirn ist ab sofort wieder aus. Die nächste Wehe kommt und er nimmt schnell wieder den Platz vor mir ein.

Dann frage ich B, wann ich denn endlich mitpressen dürfe.

Das Veratmen ist soooo anstrengend und der Druck da unten so hoch.

Mein Mund ist trocken, meine Lippen fühlen sich spröde an.

Ich bin erschöpft, wie ich merke und der Vierfüßler wird so langsam anstrengend. Aber an eine Veränderung der Lage mag ich nicht denken…

Ich habe Bedenken, dass das den letzten Schritt der Geburt hinauszögern würde. „Durchhalten!“ sage ich mir.

„Wenn dir danach ist, dann tue es!“ ist ihre Antwort.

„Meinst du nicht, dass du nachgucken musst? Es kann doch sein, dass noch nicht alles auf ist?“ ist meine Befürchtung.

„Wenn der Drang zu pressen da ist, dann presse!“ kann sie noch sagen, bevor ich ein „B.,Wehe!“ herausquetsche.

Schnell spüre ich zum Glück wieder ihre Hände auf meinem Rücken.

Und dann tue ich es: ich presse mit. Kein „Aaaaaaaaa“ mehr.

Nur noch Luft anhalten und pressen, drücken, schieben.

Anstrengend, ich denke mein Kopf platzt gleich, aber es tut auch gut.

Die Schmerzen sind da, es drückt und piekst und schmerzt und brennt wie Hölle, aber ich kann was tun und das ist eine Wohltat! Nach der Wehe kann B. wieder Herztöne hören – alles gut, die Kleine ist unweigerlich auf dem Weg und macht alles gut mit.

Da ich jetzt pressen kann, bin ich auch nicht mehr laut und brauche mir somit auch keine Gedanken zu machen, dass die beiden oben was mitbekommen würde. Aber diese Gedanken sind eigentlich bewusst nicht da, ich registriere sie nur ganz ganz am Rande meines Bewusstseins.

Nach wie vor ist alles wieder ein Handeln meines Körpers, irgendwie abgetrennt vom Geist oder Gehirn.

Ich tue das, was nötig ist, die Kleine auf ihrem Weg nach draußen zu unterstützen.

Bei der nächsten Wehe höre ich einen knackenden Knall und spüre, wie es warm zwischen meinen Beinen herausplatscht.

Die Fruchtblase ist geplatzt. Es ist 17:36 Uhr.

Nach der Wehe sehe ich Männe ins Gesicht und er muss laut lachen: Sein komplettes linkes Hosenbein und seine Socken sind pitschenass durchtränkt, aber warm.

Auch B. hat was abbekommen, aber ich kann mich nicht umdrehen um es genau zu betrachten, weil ich mittlerweile in den Wehenpausen zu erschöpft bin und nur noch versuche irgendwoher Kraft für die nächste Wehe zu bekommen.

Aber ich höre sie auch ein wenig lachen „Hui, das war ja aber viel!“

Ich bin dann auch leicht verwirrt, weil es doch noch so viel war, was da herauskam.

„Das war vor allem auch der Teil, der dem Kopf vorgelagert war!“ klärt B mich auf. Und dann stellt sich der Kopf wohl gerade für den letzten Weg durch den Geburtskanal ein und dann kann es gut sein, dass da seitlich noch Fruchtwasser mit rauskommt!“

Männe scherzt weiterhin ein wenig, von wegen jetzt erstmal umziehen usw., aber die nächste Wehe ist schon im Anmarsch, bevor B die Herztöne kontrollieren kann.

Autsch, das ist leider noch ne Ecke schmerzhafter.

Ich presse und drücke und merke dabei, wie stark zuvor doch noch die Fruchtblase bzw. das Fruchtwasser alles abgepolstert hat.

Nun ist da kein Schutz mehr, Haut auf Haut von der Kleinen und mir. Oder besser noch Knochen auf Knochen?! Alles brennt nun zusätzlich zum Druck und dem Schmerz.

„Auuuuaaaaaaa“ stöhne ich und bitte B. um Linderung.

Die jagt mir sofort ein paar Nadeln in den Rücken, gibt mir irgendwelche Globuli unter die Zunge und verstärkt dann den Bereich um die Nadeln herum wieder mit ihren Händen.

Jaaaaa, jetzt geht es dem Ende zu, sage ich mir. Die Kleine ist bald da.

Bald, bald hast du es geschafft. Nun komm, Endspurt. Press was du nur kannst. Ist nicht mehr lang.

Meine Beine zittern, meine Hände sind voller Abdrücke von dem Tragetuch, welches sich in meine Haut schon fast hineinschneidet (kann ein Stoff das?), aber ich registriere auch das nur unterschwellig.

„Pressen pressen pressen“ hallt es in meinem Kopf.

Ich schaue in der nächsten Pause kurz auf die Uhr: 17:43.

Männe bemerkt meinen Blick und meint über meinen Rücken hinweg zu B. „Na, was denkst du? Noch vor 18 Uhr?“

Ihre Antwort höre ich nicht, denn die nächste Wehe ist schon wieder am Start.

Ich spüre nun, wie mein kompletter Dammbereich zu schmerzen und zu brennen beginnt. Der Druck ist riesig. Ich versuche alle meine Kraft nach da unten zu schicken, wo es drückt. Dort, wo sie gebraucht wird.

Man, tut das weh, aber ich weiß ja, dass das sein muss. Umso schneller ist das alles vorbei. Nach der Wehe fragt mich B. ob ich lieber weitere Nadeln in den Damm haben möchte zur Linderung, oder ob sie den Damm mit warmen Tüchern bepressen soll. Ich entscheide mich für die Wärme. Da ist mir vom Gefühl her gerade eher nach.

Da der Druck nun nicht mehr nachlässt, da das Köpfchen der Kleinen den kompletten DAmmbereich bis zum Bersten dehnt, kann ich nur "Wärme" zischen, weil ich alle Kraft benötige, die Schmerzen da unten auszublenden und innerlich soweit wie möglich von mir weg zu schieben. Aber das ist verdammt nochmal echt schwer!

"Gleich, gleich, gleich!" denke ich nur noch.

Bearbeitet von Wiwi84
Geschrieben (bearbeitet)

Bei der nächsten Wehe merke ich zwar etwas Erleichterung am Damm, die Wärme lindert die Schmerzen dort ein wenig.

Dennoch schmerzt der Rücken weiterhin sehr und auch der Damm drückt weiterhin bestialisch.

"Auuuuaaaaaa, das tut sooooo weeeeeeehh!“ bringe ich nur hervor.

Nach der nächsten Wehe fragt B. meinen Mann, ob er mal in nem Handspiegel sehen wollen würde, wie weit es bei mir da unten schon voran gekommen ist.

Wie jetzt, die diskutieren über meinen Kopf hinweg, ob mein Mann da per Spiegel meinen gedehnten Intimbereich anschauen mag?!

Nicht, dass ich mich schämen würde oder Bedenken hätte. Er hatte ja auch bei der ersten Geburt in der Endphase schon Melinas Kopf gestreichelt, als der am Eingang bzw. Ausgang erschienen war.

Aber irgendwie war das noch was anderes im KH, als hier einen Spiegel von der Hebi untergehalten zu bekommen, so dass Männe das über meinen Rücken hinweg betrachten könnte.

Aber es ergibt sich dann auch nicht, denn die nächste Wehe rollt heran und B. konzentriert sich wieder auf mich bzw. meine Kehrseite. Nachdem auch diese Wehe überstanden ist, fragt mich B, ob ich selber mal fühlen wollen würde? Der Kopf wäre jetzt gut am Eingang sichtbar und fühlbar.

Ich schüttele den Kopf. Nein, das will ich nicht. Irgendwie will ich meine Position nicht verändern und ich habe auch keine Kraft mehr dazu. „Nur noch die Kleine da raus bringen“, ist mein Gedanke. Bloß nichts verändern. Alles soll so weiterlaufen.

Männe sieht sich dann doch noch alles im Spiegel an und streichelt auch den Kopf der Kleinen. Mir egal. Ich spüre wieder eine weitere Wehe und kündige diese wie immer an.

Die nächsten 2-3 Wehen bilden den Gipfel des Schmerzes und Druckes am Damm.

Ich erinnere mich an Melis Geburt und weiß, dass es gleich vorbei ist.

B. klärt mich darüber auf, dass es wirklich die letzten Wehen sind und der Kopf nun kurz vor dem Austritt ist.

Ihre Worte geben mir weiteren Aufwind.

Ich lege alle meine Kraft in die kommende Wehe.

Sie ist gut – stark und lang anhaltend. Ich kann unter ihr 3 Mal aus voller Kraft pressen.

Mein Kopf scheint zu explodieren, während ich die Luft so lange anhalte und presse presse presse was das Zeug hält.

Alles zittert an mir: Beine, Körper, Arme.

Schließlich schreie ich auf.

„Hecheln“ ertönt es von B. hinter mir.

Sie drückt mit dem warmen nassen Tuch auf meinen Damm.

Schmerz - Druck - Schmerz.

Ich spüre, wie der Kopf austritt...

Vollbracht.

Der größte Schmerz lässt augenblicklich ein wenig nach. Aber ich spüre doch noch die starke Spannung und einen mittelstarken Restschmerz.

„Der Kopf ist da!“ verkündet sie meinem Mann. Ich weiß es ja schon.

„Bei der nächsten Wehe folgt dann bestimmt auch gleich der Rest.“

Ich erwarte die nächste Wehe aber gar nicht mehr, sondern presse nach kurzem Luft holen gleich weiter.

Irgendwie ist mir danach. Warum? Keine Ahnung.

B. ist wohl erstaunt, dass so schnell wieder eine Wehe folgt.

Und ich spüre nur, wie der kleine Körper dank meines Pressens komplett aus mir herausgleitet und die Kleine zwischen meinen Beinen geboren wird.

Unmittelbar tritt diese Erleichterung ein, die mich damals bei Meli auch sofort überrumpelt hat und seufze laut auf.

Alle Schmerzen sind wie weg – als hätte es sie nie gegeben!

Eine wahre Flut an Glückshormonen fegt durch meine Adern und ich schaue hinab, zwischen meine Beine, sehe dort mein Baby liegen und nehme die Kleine instinktiv sofort hoch.

„Mein Baby – unser Baby. Sie ist da!“ sind meine Gedanken!

Ich drücke sie an mich, auf meinen Bauch, betrachte sie – sie schaut mich nur an mit ihren dunklen Augen. „Wir haben es geschafft!“

Rosig sieht sie aus, total entspannt, nicht ansatzweise blau, kaum blutverschmiert, kaum Käseschmiere. Der Kopf ist schön gerundet. Unser Baby, unsere Annabell…

Dann blicke ich zu Männe hoch und in seine Augen. Sie stahlen – voller Stolz, voller Freude, voller Liebe und sind auch leicht nass vor Rührung!

Er gibt erst mir einen glücklichen Kuss, dann der kleinen Maus und streichelt ihren Kopf.

In diesem Moment steht die Welt still und nur wir drei existieren darin.

„17:59 Uhr“ höre ich B. leise sagen. „Herzlichen Glückwunsch! Willkommen auf der Welt, Annabell!“

Und endlich kann ich meine Position verändern und merke auch sofort, dass meine Muskeln wieder anfangen zu zittern.

Aber ich spüre auch noch etwas anderes.

Einen weiteren Druck in meinem Unterleib. „B, kann es sein, dass die Plazenta schon rauskommt?“ will ich wissen.

„Ja, das kann sein. Wenn dir nach Pressen ist, dann mach es einfach!“ entgegnet sie.

Mit meiner Maus auf dem Arm hebe ich meinen Popo wieder ein Stück mehr hoch, wieder in die ursprüngliche Geburtslage und presse. Und tatsächlich kommt sofort die Plazenta heraus. Das ging schnell….

Mein Schatz und B. helfen mir danach hoch, so dass ich mich nun auf das Sofa setzen kann, dort wo Männe die Zeit über gesessen hatte. Das ist nicht wirklich angenehm, da die Plazenta nun unten liegt und ich aber die Maus auf dem Arm habe und die Nabelschnur ja noch auspulsieren soll.

Nun ist die Nabelschnur aber so kurz, dass ich die Kleine nur auf meinem Unterbauch halten kann. Aber auch das Auspulsieren der Nabelschnur geht zum Glück schnell.

Männe kann die Nabelschnur durchschneiden und ich die Kleine endlich höher an meine Brust nehmen.

B. hat mittlerweile warme Handtücher aus dem Backofen geholt und bedeckt die Kleine und z.T. auch mich damit. Dann untersucht sie die Plazenta und Schatz guckt sich alles auch genau an, während sie ihm die „Einzelheiten“ erklärt. Es ist alles gut und vollständig rausgekommen, aber die Plazenta ist wohl riesig und B. kann ihren Eindruck bestätigen, als sie die Plazenta auf die Waage legt: 1300g. Das ist wohl vergleichsweise doch sehr schwer.

Die Vermutung kommt auf, dass die Größe und das Gewicht sowie das herzförmige Aussehen evtl damit zu erklären wären, dass es eine zweite Anlage gegeben hatte, die ja glücklicherweise vollständig von meinem Körper resorbiert worden ist.

Dann bitte B.mich, mich zurück zu lehnen, den Oberkörper auf ein großes Kissen gebettet, weil sie mich untersuchen will.

Wie in Trance befolge ich es. Ich bin gepuscht – wie auf Droge – high.

Die Kleine ist da und es hat alles geklappt! Ich habe eine Art Dauergrinsen im Gesicht und bin einfach nur stolz.

B. untersucht mich und teilt mir mit, dass sie mich nähen müsse.

„Wie, nähen?“ bringe ich erstaunt hervor.

„Naja, durch das Pressen am Ende ist deine alte Naht wieder aufgegangen. Nichts schlimmes, aber Narbengewebe ist nun mal nicht mehr gut dehnbar; daher reißen Narben gerne mal wieder auf bei einer weiteren Geburt. Und ich würde das auch gerne wieder nähen.“

„Ok“, sage ich. „Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass ich gerissen bin. Ich spüre gar nichts davon.“

„Hmm, es werden nur so 4 Stiche werden. Ich müsste aber mindestens 3 Mal einstechen für die Betäubung. Was meinst du, soll ich die 4 Stiche ohne Betäubung nähen?“

„Ja, mach das!“ stimme ich sofort zu.

B. hat mit dieser Antwort gar nicht gerechnet. „Äähm, das war eigentlich eher ein Scherz!“ gibt sie zu.

„Nee, im Ernst, mach es einfach so. Letztes Mal tat mir das Nähen so weh, obwohl ich ne Betäubung bekommen hatte. Da mach es lieber so, da hab ich es gleich hinter mir!“

„Wie du willst!“ meint sie dann und schiebt mir das in Folie verpackte Keilkissen unter dem Po, platziert die Schreibtischlampe und holt ihre Nähutensilien hervor.

„Schatzi, hol mir doch mal bitte das Telefon! Ich muss mich dabei ein wenig ablenken!“ bitte ich meinen Mann.

Er erfüllt mir mit fragendem Blick den Wunsch.

„Wen magst du denn jetzt anrufen?“

„Na den Opa!“

„Mit Annabell im Arm?“

„Na klar, wozu hab ich denn 2 davon?“ grinse ich ihn an.

Ein erstaunter Opa geht um 18:13 Uhr ans Telefon und ist sichtlich verwirrt, meine Stimme am anderen Ende der Leitung zu hören.

Parallel setzt B. zum ersten Stich an.

Autsch.

Aber ich versuche schnell an was anderes zu denken bzw. mich auf das Telefonat zu konzentreren..

„Na, hat es heute doch nicht geklappt?“ fragt er. „Willst du mir sagen, dass R. (meine Mutter) auf dem Rückweg ist?“

„Im Gegenteil, Papa, die kleine Maus ist auf der Welt und liegt gerade in meinem Arm!“ kläre ich ihn auf.

„Ist nicht wahr!“ bringt er nur hervor. „ Das glaube ich jetzt nicht! Und dann rufst du jetzt schon an? Wie schnell ging das denn? R. ist doch erst gegen 15 Uhr bei euch eingetroffen???“

„Die Kleine kam erst vor ein paar Minuten, Papa, 17:59 Uhr. Alles ist gut verlaufen. Und ganz ehrlich gesagt rufe ich dich jetzt an (autsch), weil ich parallel ein wenig genäht werden muss und Ablenkung brauche…“

„Äääähm, da verschlägt es mir doch glatt die Sprache… Äääähm, meinen herzlichen Glückwunsch! Also zur kleinen Annabell! Und euch natürlich auch!“ stammelt er. „Ich freue mich sehr, dass alles so gut geklappt hat! Und was sagen R. und die kleine Meli?“

„Die wissen es noch gar nicht, Papa, du bist der erste. Wir wollten hier noch ein wenig aufräumen, bevor wir sie runterholen. Die sind oben und spielen wohl.“

„Na dann bin ich mal gespannt, was R. später erzählen wird! Alles Gute und ich freue mich sehr!“

Ich beende das Gespräch und auch B. ist mit dem Nähen fertig. Das ging doch leichter, als ich dachte.

Männe und B. helfen mir nun, mich gemütlich, mit vielen Kissen im Rücken, auf dem Sofa zu platzieren und Männe macht ein paar Fotos.

Ich nehme derweil dankend ein großes Glas Wasser von B. an.

Unter den Wehen hatte ich nur relativ wenig trinken wollen, nun bin ich gefühlt wie ausgetrocknet und habe riesigen Durst.

Annabell ist nach wie vor einfach nur ruhig und entspannt, aber wach und aufmerksam.

Ich kann es immer noch nicht fassen, sie im Arm zu halten und streichele unaufhaltsam ihre Wangen, spiele mit ihren kleinen Fingerchen.

B. fängt an, ihre Geburtsutensilien zusammen zu packen und Männe entsorgt das nasse Laken, was durch das Fruchtwasser und die Geburt gelitten hatte und auch die Malerfolie darunter.

Dann bringt er den Eimer mit der Plazenta in den Hauswirtschaftsraum und begibt sich ins Obergeschoss, um Mama und Meli die frohe Botschaft zu verkünden.

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Bearbeitet von Wiwi84
Geschrieben

Oh wiwi wie schön du schreibst weiß ich ja schon was länger und wenn ich denke wie ich damals das bildchen bekam und nun die geschichte dazu lese...wow, da krieg ich echt tränchen in den augen, so schön!!!

Geschrieben

Ach danke euch, ihr seid ja lieb! :kuesschen:

Aber ich bin noch gar nicht fertig.

Ok, der Hauptteil, die Geburt, ist nun geschehen, aber ich habe auch noch aufgeschrieben, wie Meli zum ersten Mal ihre Schwester sieht, dann das Messen und Wiegen und eben den restlichen Abend und der ersten Nacht. ;)

Ich muss nur halt eben ein wenig umformen, bevor ich poste, damit die Namen nicht ausgeschrieben sind usw. Ein wenig Datenschutz muss halt sein... ;)

Geschrieben

Das klingt alle so harmonisch, schön das Du uns daran teilhaben läßt.

Ich wünsch Dir für Deine nun ja schon sehr bald bevorstehende Geburt das beste und das wieder alles nach Deinen Wünschen und Vorstellungen klappt.

:encouragement:

Geschrieben

Wiwi, *schluchz und Tränen wegwisch* meine Güte wie schön Du das geschrieben hast.

Ich hoffe sehr, dass Du bei Leonard auch so eine wundervolle, liebevolle und entspannte Geburt haben wirst, wie Du sie bei Annabell erleben durftest.

Du bist eine phantastische Frau und ich bin froh, Dich zu kennen und dass Du mich bzw. uns teilhaben lässt an diesen wunderbaren und einmaligen Erlebnissen.

Ich drück Dich ganz fest. :kuesschen:

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