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Amerika schießt wild um sich - der Preis für das Recht auf Verteidigung?

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Geschrieben

Ich habe eben auf fb ein Link gesehen, der mich dazu brachte hier mit euch darüber zu diskutieren.

Wir haben ja einige hier, die in den USA leben oder gelebt haben - es wäre schön, wenn sie diese Seite ggf. besser erklären könnten - ich will es wirklich verstehen....

Ich mit meinem europäisch-westlichen Denken habe KEIN Verständnis dafür, dass immer wieder auftretenden Abschlachtungen von Kindern in Amerika noch immer nicht dazu geführt haben, dass die Regierung sich mit der Waffenlobby anlegt und endlich das Gesetz des Waffenbesitzes enger schnürt.

Ich bin ehrlich gesagt sehr gespalten, wenn ich derzeit die nachrichten lese...

Auf der einen Seite tun mir die Eltern und Angehörigen der Toten sehr leid, es muss schrecklich sein, einen lieben Menschen auf diese tragische Weise zu verlieren - so dermaßen sinnlos - und eben auch vermeidbar!

Denn auf der anderen Seite möchte ich gar nicht wissen wollen, wiviele Eltern der toten Kinder selbst Waffen zu Hause haben - mit dem Argument, sich selbst schützen zu können?

Ist der westliche Westen wirklich noch so "wild" dass Selbstjustiz toleriert wird? Oder wollen die Amerikaner an sich das gar nicht, die Politik scheut aber die Macht der Industrie?

Wird die Gewaltbereitschaft nicht noch mehr dadurch geschürt - dass sie schlichtweg die Mögichkeit besitzen?

Ist es nicht "leichter" bzw. die Grenzüberschreitung kürzer, ne Waffe zu holen und aus Entfernung abzudrücken als mit einem Messer zuzustechen, wo ich dem Menschen noch in die Augen sehen muss?

Was denkt ihr? Ich ibn sehr interessiert an euren Meinungen - ggf. kann ich mein Weltbild dadurch auch ein wenig "geraderücken" - danke!

Geschrieben

Ich habe ganz in der Nähe dieses Tatorts gelbt und meine Freunde von dort sind auch total entrüstet und fb von ihnen voll über ihr Entsetzen.

Ich habe aber nie über dieses Thema mit ihnen gesprochen. Meine Erfahrung ist,dass sie sehr darauf achten niemand mit seiner Meinung zu entrüsten. Deshalb wird über mache Themen einfach nicht gesprochen. So wie eben auch die Politik. Dort hat niemand ein Problem damit sofort nach deinem Beruf und deinem Gehalt zu fragen oder wieviel dein Haus gekostet hat. Wo in D eher nicht über Geld gesprochen wird. Dort spricht man nicht über Politik oder Religion oder eben Waffen.

Deshalb schreibt auch jeder auf fb nur wie entrüstet er ist und seine Kinder um so mehr heute genießt und dankbar dafür ist dass er seine Kinder heute morgen in den Arm nehmen darf aber blos nichts über seine Meinung, dass es hätte verhindert werden können, wenn die Lehrer selbst eine Waffe gehabt hätten, oder der Ruf nach einer strikteren rechtlichen Regelung über Waffenbesitz.

Ich glaube auch, dass die meisten einfach denken, dass in jeder Schule auch eine Waffe sein sollte um sich wehren zu können:aredface:.

Es gibt so viele kulturelle Unterschiede zwischen denen und uns, das kann so einfach nicht erklären. Gerade habe ich eine von der Ostküste hier on D kennengelernt, die sehr darüber entsetzt ist wie unfreundlich wir hier sind und kann absolut nicht verstehen, warum wir nichteinmal versuchen unsere Kinder zu mehr Freundlichkeit zu erziehen:arolleyes:

Aber klar, das ist was anderes. An Unfreundlichkeit ist noch keiner gestorben.

Geschrieben

... ich wil lauf keinen Fall damit sagen, dass "wir Europäer" unfehlbar sind - hier kann einiges besser laufen :awink:

was ich an unserem "Volk" sehr mag - und ich finde das zB ganz schrecklich, dass wir Europäer diesen Wert verlieren ist, dass wir reflektieren - bei uns suchen ob wir an den Situationen etwas ändern können - und nicht immer den Finger zeigen - erst die anderen!

Aber das ist nun nicht das Thema - mit der Unfreundlichkeit gebe ich dir recht, die wäre leicht wieder anzustellen - woran es scheitert - keine Ahnung *schulterzuck*

Geschrieben

Ich habe nach dem Anschlag auf die Senatorin eine Doku darüber gesehen, wo auch konkret Amerikaner gefragt wurden, ob den nicht am Waffenrecht was geändert werden müsste. Die meisten (wobei da natürlich gefiltert werden kann) waren der Meinung, dass das Problem bei diesem Anschlag war, dass keiner eine Waffe dabei hatte und den Attentäter stoppen hätte können...

Was ich mich frage ist, ob solche Massaker in den USA tatsächlich häufiger sind wie bei uns, wenn mans in Relation zu den Einwohnerzahlen setzt.

Was anderes ist die Bandenkriminalität etc., aber auch da glaube ich nicht, dass eine Verschärfung des Waffenrechtes was bringen würde.

Trotzdem ist dieses Waffenrecht für mich völlig unverständlich und ich hab hier durchgesetzt, dass definitiv keine Waffe im Haus ist!

Geschrieben (bearbeitet)

Tja, das ist ein schwieriges Thema.....

Um es vorweg zu schicken - ich persönlich bin gegen Waffen in den Händen von Privatleuten.

ABER ich glaube, dass Europäer in solchen Fragen oft nicht ihre eigene Wertung rausnehmen können und sehen sollten, dass andere Länder andere Traditionen haben - mögen diese Länder auch noch so ähnlich in anderer Hinsicht sein.

1. Die USA wurden zunächst einmal gegründet, um einen Staat zu erschaffen, der gerade nicht so große Eingriffsbefugnisse hatte wie europäische Staaten. Ein Gegenmodell zu den damaligen europäischen Staaten. Es sollte den Bürgern größtmögliche Freiheit - auch und gerade gegenüber dem Staat - gewährt werden. Dies wird ganz oft von Europäern verkannt, ist aber im Bewusstsein vieler Amerikaner sehr präsent. Von daher wird auch jedes Recht, dass dem Einzelnen zusteht, wie etwa das Recht, eine Waffe zu tragen, erbittert verteidigt. Es herrscht auch tendenziell ein viel stärkeres Misstrauen gegenüber dem Staat - "ich muss meine Familie verteidigen, der Staat kann es nicht". In Europa ist es genau andersrum - starkes Misstrauen gegenüber der privaten Wirtschaft und höheres Vertrauen in den Staat. Das Verhältnis von Bürger zu Staat wird völlig anders gesehen

2. Die USA haben z.B. gegenüber Deutschland ein sehr eingeschränktes Notwehrrecht. In Deutschland darf man, rechtlich gesehen, z.B. jemanden töten, um sein Eigentum zu schützen. Hier gilt, dass man nicht weglaufen muss, sondern sein Recht mit allen Mitteln verteidigen darf. In den USA ist das völlig anders. Dort muss man erst weglaufen und sich in letzter Instanz mit Gewalt verteidigen. Das heißt, dass man in Deutschland die Waffen einschränkt, aber mehr Notwehrbefugnisse gibt. In den USA dagegen gibt es mehr Waffen, allerdings ein gegenüber hier stark eingeschränktes Notwehrrecht. Bibbi, es kann daher von einer akzeptierten Selbstjustiz keine Rede sein. Es geht um ein subjektives Gefühl von Sicherheit, meinetwegen. Aber man soll sich gerade nicht mit der Waffe verteidigen, sonst sitzt man ggf. 1500 Jahre (oder was auch immer man dafür bekommt) ein.

3. Die USA belegen weltweit einen der Spitzenplätze, wenn es um Todesfälle im Zusammenhang mit Schusswaffen geht. 60 % der Todesfälle sind aber auf Suizide mit Waffen zurückzuführen. Hat man eine Waffe, dann liegt bei einem Selbstmord die Waffe näher, als sich wie hier Tabletten zu besorgen oder von der Autobahnbrücke zu stürzen. Ich sage nicht, dass das nicht immer noch viel zu viele Tote sind. Aber Statistiken sind tückisch, wenn man sie nicht genau auseinander nimmt.

4. Und schließlich - Norwegen etwa hat mit die striktesten Waffengesetze - und trotzdem gab es das Breivik Massaker. Auch in Deutschland gibt es Amokläufe wie in Winnenden und zig Tötungsdelikte mit Schusswaffen. Wer an eine Waffe kommen möchte, um hiermit Schreckliches zu tun, der wird dies, ungehindert der rechtlichen Beschränkungen, können und tun. Überall auf der Welt. In China ist, ebenfalls letzten Freitag, ein Mann mit Messern in eine Dorfschule eingedrungen und hat dort Kinder verstümmelt und eine alte Frau schwer verletzt. Eine Tötung, ein Amoklauf, ist nicht mehr oder weniger schlimm, weil es mehr oder weniger Opfer gab oder eine bestimmte Waffe benutzt wurde. Täter gibt es überall. Und jedes Opfer ist eins zuviel.

Ich glaube, dass so viele Menschen hier in Deutschland verkennen, dass die USA nun mal NICHT (mehr) dem europäischen Rechts-und Kulturkreis angehören. Sie sind als Gegenmodell zu Europa gegründet worden und haben im Laufe der Zeit andere Traditionen und Wertvorstellungen entwickelt. Damit darf man natürlich nicht alle Amerikaner über einen Kamm scheren - aber man darf halt auch nicht denken, dass "man sich ja irgendwie so ähnlich ist". Das ist ja nicht mal in Europa so - die Gemeinsamkeiten zwischen etwa Dänemerk und Rumänien halten sich, so schätze ich es zumindest ein, stark in Grenzen (war nur ein Beispiel, sollte ich völlig falsch liegen, bitte korrigieren). So nah wir uns den USA in vielerlei Hinsicht fühlen- Essen, Popkultur, Musik, was weiß ich - es ist eine völlig andere Kultur. Nicht besser oder schlechter, aber anders.

Ich habe gesehen, wie wichtig vielen Amerikanern das Recht ist, eine Waffe zu besitzen und ich respektiere das - auch wenn ich persönlich finde, dass die Erfindung von Schwarzpulver gerne rückgängig gemacht werden könnte. Und da ich davon überzeugt bin, dass striktere Waffengesetze nichts ändern würden, halte ich die Waffendiskussion für verfehlt. Just my two cents.

Bearbeitet von Turtle09
Geschrieben

danke Schildi für deine Ausführung - genau das wollte ich lesen - einen anderen Blickwinkel bekommen um nicht vorschnell zu verurteilen sondern zumindest einen kleinen Teil warum die so agieren nachvollziehen können - wenngleich nicht verstehen :)

Für mich ist es schwer zu verstehen, dass nun das Argument folgt - man solle Grundschulen mit Waffen aufrüsten um sich zu verteidigen, das klingt für mich persönlich einfach grotesk und macht mir Bauchweh.... für mich mit meiner östlich - westlichen Weltanschauung :awink:

Aber ... ja, du hast recht - in "ihrer" Welt hat dieser Waffenbesitz seinen Platz und seine Berechtigung - und das sollten wir tolerieren. Sie müssen im Grunde mit ihren Opfern leben ... so wie wir mit unseren durch unser System.

Geschrieben

ich habe auch darüber nachgedacht- aber nein, mich befremdet es nicht, dass darüber gesprochen wird, Waffen an der Schule zuzulassen. In IHRER Gesellschaft macht das Sinn. Hätte jemand von den Lehrern eine Waffe gehabt, dann hätte man ihn vielleicht früher stoppen können. Das ist für uns hier undenkbar, aber ich verstehe, warum man das drüben fordert.

Dafür sind andere Dinge, die für uns normal sind, drüben undenkbar. Ein 10-jähriges Kind alleine zu Hause lassen, Grundschüler alleine zur Schule laufen lassen.... das geht für Amis so gar nicht, ist verantwortungslos... auch der Umgang mit Kindern und Jugendlichen ist halt einfach anders.

Worüber ich die Tage nachgedacht habe - ich habe eine Reportage über die Lehrerin gesehen, die ihre Schüler in den Toiletten versteckt hat und so allen Kindern das Leben gerettet hat. Bevor sie die Kinder in die Toilettenkabinen führte, hat sie jedem einzelnen Kind gesagt, dass sie das Kind lieb hat. Jetzt ist drüben die Diskussion, ob das angemessen war. Ich finde das total krank. Diese Frau hat den Kindern das Leben gerettet, WEIL sie sie liebt - und hatte dabei wahrscheinlich schreckliche Angst um ihr eigenes Leben. Viele andere Lehrer in der Schule haben sich selbst in Sicherheit gebracht (kein Vorwurf, nur um zu betonen, was für eine Leistung diese Lehrerin vollbracht hat). Und den Kindern zu sagen, dass sie sie liebt, ist das Schönste, was sie in dieser Situation noch hätte tun können.

Ich WILL Kindergärtner/innen und Lehrer/innen, die mein Kind lieb haben und dies dem Kind sagen. nicht nur in so einer Situation, sondern immer. Jetzt darüber zu sprechen, ob das angemessen war, finde ich furchtbar. :(

Geschrieben

Die Diskussion habe ich jetzt noch nicht mitbekommen und kann die auch nicht verstehen. Ich habe in Amerika erlebt, dass sehr schnell "I love you" gesagt wird. Und gerade Kindern gegenüber sehr liebevolle Worte gewählt werden. Woran wird da jetzt Kritik geübt? Muss ich mal googeln...

Geschrieben

"Die USA haben z.B. gegenüber Deutschland ein sehr eingeschränktes Notwehrrecht. In Deutschland darf man, rechtlich gesehen, z.B. jemanden töten, um sein Eigentum zu schützen. Hier gilt, dass man nicht weglaufen muss, sondern sein Recht mit allen Mitteln verteidigen darf."

Und das glaube ich so nicht wirklich, denn es gab hier mal diesen Fall, dass ein Hauseigentümer sich gegen einen Einbrecher mit einer Waffe gewehrt hat und wer wurde auch verurteilt, der Hauseingentümer.....

Generell bin ich auch nicht für Waffen, liegt aber vielleicht auch daran in welcher Gegend wir/ man wohnt. Es gibt mit Sicherheit Fleckchen auf der Erde wo ich es anders sehen würde.

Trotzdem hat es mich sehr traurig gemacht, was da wieder in den USA passiert ist.

Und das dieses Mal bei so ganz kleinen, unschuldigen Menschen.

Ich weiss selber nicht wie das Problem angegangen werden kann, aber erschreckend ist schon wie offen wohl diese Waffen in den Haushalten zugänglich sind. Die Leute die ich hier kenne mit Waffen, habe diese sicher im Safe.

Generell frage ich mich aber, was diese Menschen dazu veranlasst, denn seit dem ersten Amoklauf, wiederholt es sich immer wieder. Hat man damit erst andere auf dies Idee gebracht? Ich weiss es nicht....

Erschreckend fand ich allerdings auch den Kommentar im Radio dazu, dass wohl jeder Politiker von der Waffenlobby zu Fall gebracht werden würde bei der nächsten Wahl, falls diese stärker dort eingreifen würden.....

Geschrieben (bearbeitet)

Doch Biene, das ist mein Job, das kannst Du mir glauben. Wie der Fall, den Du kennst, genau war, weiß ich nun nicht. Aber rechtlich stimmt meine Aussage. :)

Ich hab auch zu dem Vergleich des Notwehrrechts zwischen Dtl. und den USA ein Gutachten geschrieben - das ist ausnahmsweise mal ein Thema, bei dem ich mich sehr gut auskenne. :)

Bearbeitet von Turtle09
  • 5 Wochen später...
Geschrieben

Wenn ich mir das alles so durch lese bin ich echt froh, dass endlich die USA langsam anfängt über das Waffengesetzt nachzudenken und einzulenken. Mehreren Studien zufolge sind in den USA bis zu 300 Millionen Schusswaffen im Privatbesitz – das entspricht fast einer Waffe pro Einwohner. In einer Erhebung des Gallup-Instituts aus dem vergangenen Jahr gaben 47 Prozent der Befragten an, in einem Haushalt mit mindestens einer Schusswaffe zu leben. Jeder dritte US-Bürger ist demnach selbst Waffenbesitzer. Das Finde ich ziemlich erschreckend...

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