Ich bin dann wohl so ein Fall, den man offiziell verachten darf.
In meiner Historie ist die Situation zugegeben etwas paradox, aber sie ist nun mal so. Mit 16 wurde ich schwanger - und doch - TROTZ Verhütung. Ich hatte ein riesen Problem damit und habe die Entscheidung, das Kind zu behalten, nicht wirklich aus freien Stücken entschieden.
So wurde ich mit 17 Mutter. Ein Jahr später war der Vater weg, eineinhalb Jahre später die Unterstützung meiner Familie, die alten Freunde ja sowieso. Ich war total überfordert, flog vom Gymnasium, bekam weder Unterhalt für mich noch fürs Kind, war sozial isoliert. Niemand, auch nicht die Ämter, fühlten sich zuständig. Mann, was bin ich abgeschmiert. Und was hat die Kurze darunter gelitten!!! Und ich denke hier kommt erschwerend hinzu, dass ich nicht 100%ig hinter dieser SS stand - spekuliere ich heute so.
Ich flüchtete mich in eine furchtbare Ehe, in der es letztlich weder mir noch meiner Tochter besser ging. Vielmehr hatte ich ein zweites, mit dem Leben total überfordertes Kind am Bein und nicht die Kraft mich zu trennen - das war wohl sowas wie eine gegenseitige psychische Abhängigkeit, bei der ich allerdings zugrunde ging.
So. Irgendwann kam der Tag, an dem ich beschloss, nicht vor die Hunde zu gehen, sondern leben zu wollen. Ich begann eine Ausbildung, trennte mich, brachte die Kurze und mich unter extremem finanziellen und zeitorganisatorischem Aufwand durch.
Meinen "Befreiungsschlag" und vielmehr mich selbst feierte ich groß mit fast allen Leuten, die ich so kannte in Form einer ausufernden Geburtstagsparty. Dieser Tag besiegelte für mich, was ich alles geschafft hatte im letzten Jahr und dass ich nie mehr dahin zurück will, wo ich herkomme (da war ich übrigens schon 24 und meine Tochter 7).
Ja und jetzt kommt das, was so klischeehaft ins Bild passt. Ich hab an diesem Abend gesoffen, gepimpert und nicht verhütet. Die SS war ein Schock und ein Kind JETZT ging gar nicht. Nicht JETZT. Nicht jetzt, wo ich wusste, was es heißt überfordert zu sein, nicht jetzt, wo ich wusste, was es heißt für sein Kind nicht richtig da sein zu können, nicht jetzt, wo ich mich aus all der Schei*** an den eigenen Haaren rausgezogen hatte und das erste Mal ein Licht am Horizont sah, nicht jetzt, wo mir klar war, was ich mit meiner Tochter alles aufzuholen und an Fehlern so gut es noch geht auszubügeln hatte, nicht jetzt, noch relativ zu Beginn der Ausbildung (deren Ausbildungsstätte 50km entfernt war) - nein, es kam gar nicht in die Tüte. Ich wusste genau, dass ich es weder physisch noch psychisch schaffen würde. Ich habe dieses Kind nicht behalten.
Und ganz ehrlich: Ich hatte nie ein Problem damit. Den Schuh, dass ich nicht verhütet habe, ziehe ich mir an, aber meine Tochter und mich und unsere Zukunft deshalb wieder auf Null zu stellen... nein. Zumal es für meine Tochter -10 gewesen wäre, weil mir die Zeit/der Nerv gefehlt hätte, mich intensiv um ihre Defizite zu kümmern. Die ganze Geschichte hätte nur Verlierer rausgebracht - uns alle drei.
So, zum Druffhauen und Verachten freigegeben. Es darf jeder seine Meinung haben - ich werde es dennoch nicht bereuen.