Weiß nicht mehr weiter...

[starga64]

So, nachdem ich jetzt gedacht hatte, ich habs für mich irgendwie auf die Reihe bekommen, ist wieder alles ganz anders...

Mein Freund hat gerade angerufen und war echt nicht gut drauf. Wir hatten die letzten Tage außer kurzem Angiften am Telefon nicht viel Kontakt und es geht ihm ziemlich schlecht. Er mußte heute notfallmäßig während der Arbeitszeit in eine psychiatrische Praxis.

Der Arzt hat die Medikamente hochgesetzt und wollte eigentlich eine noch höhere Dosis geben, aber dann ist mein Freund arbeitsunfähig, weil er dann keine Maschinen mehr bedienen darf/kann. Am liebsten hätte er ihn gleich wieder stationär eingewiesen, aber mein Freund hat gemeint, daß er das nicht machen könne, weil er sonst mit Sicherheit seinen Job verliert. Er ist ja schon im Frühjahr 7 Wochen in der Klinik gewesen und welcher Chef macht das heutzutage noch mit?!

Er war völlig fertig, kann nicht mehr essen und nicht mehr schlafen und ich denke nicht, daß er geblufft hat. Er hat gemeint, daß ich ihm unheimlich fehle und der Kleine auch und das ihm alles furchtbar leid tut und er weiß, daß er einiges ändern muß. Es würde ihm unheimlich viel bedeuten, wenn er wüßte, daß ich zu ihm halte und ihm verzeihe.

Ich weiß jetzt nicht, was ich tun soll. Ich will nicht, daß alles wieder von vorne anfängt, aber ich habe gemerkt, daß ich doch noch unheimlich viel für ihn empfinde, trotz der ganzen Streitereien.

Er hat auch gemeint, daß der Arzt in seiner Praxis auch Paartherapien durchführt und ihm das vorgeschlagen hat, weil es auch mit seiner Krankheit besser wird, wenn unsere Beziehung wieder ins Lot kommt. Eine Einzel-Langzeittherapie würde er dann zusätzlich noch machen.

Ich will ihn nicht hängenlassen, vermisse ihn auch unheimlich, bin aber auch voller Ängste. Kann mir jemand einen Rat geben?

Vielen Dank

Gruß Gabi

[lilli1986]

MMmmh muss sagen so wie es sich anhört brauch er ne stationäre behandlung!. Er ist zu sehr durch den wind als das da noch ne "normale" therapie was bringt. Du hilft ihm wenn du ihm die pistol auf die brust setzt damit er sein leben wieder auf die reihe bekommen sollen. Wenn du jetzt wieder zurück gehst untersützt du ihm das es sie gerade mehr oder weniger durch mogelt.

[Bassa]

Hallo Gabi,

wie ja schon vorher geschrieben, seh ich es etwas anders als hier oft geschilderte 'da muss er alleine durch'. Soweit ich verstehe, ist er ja nicht in erster Linie suchtkrank. Mir erscheint es schon plausibel, was der Arzt sagt, dass sein Problem besser wird, wenn Eure Beziehung besser wird. Wie gesagt, ich kann ihm dieses Gefuehl des Unverstandenseins sehr gut nachvollziehe, wenn auch nicht die krankhaften Auslaeufer davon. Mein Rat waere, in erster Linie solltest Du ueberlegen, ob Du genuegen Energien dafuer hast im Moment (neben Schwangerschaft, Kindern und eigenem Wohlbefinden). Denn eitel Sonnenschein wirds sicher nicht immer. Wenn ja, dann wuerde ich ihm ganz klar aufgeben, dass Du Dich nur auf einen Neuanfang einlaesst, wenn er BEIDE Therapien (Paar und Einzel) durchzieht, und was ganz klar ist, keine Gewalt mehr. Wuerd ganz klar sagen, wenn er das wieder abbricht, bist Du nicht mehr da und das auch so durchziehen.

Du sagst, Du willst ihn nicht haengenlassen. Das zeigt ja, dass Euch schon noch sehr viel verbindet. ABER, in erster Linie musst Du an die Kinder denken. Er braucht Unterstuetzung, aber er ist erwachsen und letztendlich selbstverantwortlich. Deine Kinder nicht! Aber wenn Du die Kraft hast, waere es toll und hoffentlich machbar.

Ich weiss nicht, ob Dir das irgendwas hilft, was ich schreibe, aber ich finde nur das ein simples 'er muss sein Leben eben wieder auf die Reihe kriegen' nicht sehr hilfreich. So einfach ist es leider fuer ihn nicht. Und es wird dann oft uebersehen, dass sein Trauma schliesslich ein Resultat davon ist, dass er fuer andere sein Leben aufs Spiel gesetzt hat.

Wegen Deiner Frage von vorher bin jetzt in der 37. Woche, also nicht mehr lang Ob Junge oder Maedchen weiss ich nicht, aber da es mein erstes ist, ist es mir auch (noch) egal

Liebe Gruesse

Bassa

[starga64]

Hallo Lilli,

danke für deinen Beitrag.

Leider ist es gar nicht so einfach mit so einer stationären Therapie, vor allem, wenn man dieses Jahr schon mal deshalb 7 Wo. am Stück gefehlt hat. Welcher Chef macht sowas heutzutage nochmal mit und welche Krankenkasse bezahlt das so einfach?

Wenn mein Freund dann arbeitslos ist, fällt er erst recht in die Depression, könnte ich mir vorstellen. Da nützt leider die ganze Therapie nix...

Obwohl es sicher mehr bringen würde, als sowas nebenher laufen zu lassen, da gebe ich dir natürlich recht.

LG Gabi.

[lilli1986]

mmh ist echt ne üble sache. Aber es ist besser erstmal abstand zu nehmen den sobald er weiß das es sich wieder "sicher " hat macht er wieder nix...er hat ja dann das was er will. Aber dann soll er wenigstens so ne terapie nebenbei machen...hauptsachen das er überhaupt was macht und du sieht das es ihm ernst ist.

Wenn du dann siehst das es wieder begauf geht...kannst du wieder einen schritt auf ihn zu machen:o

Lass dich mal drücken...das is ne dooofe situation:(

[starga64]

Hallo Bassa,

du hast schon recht....

Obwohl mein Freund die letzte Zeit sehr unausstehlich zu mir war, habe ich mit dem "da muß er alleine durch" auch so meine Schwierigkeiten.

Klar ist er erwachsen und muß wissen, was er tut - aber genau da liegt das Problem...manchmal scheint er das eben nicht zu wissen. Eine Freundin von mir hat eine depressive Mutter, die sie, wenn es ihr schlecht geht, anschreit und aufs Übelste beschimpft und sich dann an ihre Aussetzer nicht einmal mehr erinnern kann. Manchmal habe ich auch das Gefühl, daß es meinem Freund ähnlich geht und bei ihm kommt ja dann noch das Kriegstrauma dazu.

Ich möchte ihn schon deshalb nicht ganz hängenlassen, weil er letztes Jahr während der schlimmen Zeit meiner Krebserkrankung nicht von meiner Seite gewichen ist. Außerdem habe ich ihn - wenn ich ganz tief in mich hineinhorche - trotz allem doch noch sehr lieb.

Ich hoffe, ich habe die Kraft dazu, ihm zur Seite zu stehen, ohne mich oder die Kids mit herunterziehen zu lassen. Ich muß sagen, wir sind jetzt schon fast 7 Jahre zusammen, aber die Kids mußten zum Glück noch nie unter seinem Verhalten leiden. Wenn sie doch mal was mitbekommen haben, habe ich es ihnen erklärt, daß er im Krieg anderen Menschen helfen wollte und das das sehr anstrengend war und er manchmal deshalb so traurig ist und selber Hilfe und auch Medikamente braucht. Es ist erstaunlich, wieviel Verständnis Kinder da aufbringen können und er war auch noch nie grob oder gemein zu ihnen. Da würde ich dann schon dazwischengehen...

Drück mir bitte die Daumen, daß ich den Balanceakt zwischen "für den anderen dasein" und "notwendiger Abgrenzung" so einigermaßen hinbekommen.

Ich wünsche dir noch eine schöne, restliche Kugelzeit.

LG Gabi.

[starga64]

Hallo Lilli,

danke fürs drücken - tut irgendwie gut, wenn man weiß, daß man nicht alleine dasteht und andere Leute sich auch "einen Kopf machen".

Also, daß er sich immer noch so durchmogeln will, glaube ich jetzt eigentlich nicht. Er weiß selbst, wie sch.... die ganze Geschichte war/ist und würde auch gerne vieles rückgängig machen. Wenn es nur Bequemlichkeit wäre, hätte er sicher auch nicht die 7wöchige Therapie gemacht. Seit Jahren rede ich deshalb auf ihn ein, aber der Arzt meinte, das bringt nix, wenn er es nur mir zuliebe macht, er muß es selber wollen. Das hat er jetzt wohl kapiert, daß alles andere nix mehr bringt...

Ich habe ihn heute gesehen und er sieht schlecht aus, sehr mitgenommen und sehr traurig. Ist alles sehr schwierig, wenn er jetzt nur ein Säufer wäre oder so, hätte ich weniger Verständnis, aber er ist ja wirklich krank und das eigentlich unverschuldet. Und ich habe ihn ja auch echt lieb - sonst hätte ich es auch nicht die ganzen Jahre mit ihm ausgehalten, war nicht immer leicht, aber wenn man sich liebt....

Und er hat ja auch echt gute Seiten, wenn er nicht gerade in einer Depressionsphase steckt...seufz

ich will ihn jetzt auch nicht nur verteidigen, aber es ist alles so schwierig, trotzdem danke für alles.

LG Gabi

[starga64]

Hallo,

mein Freund und ich haben gerade telefoniert und er hat mir gesagt, daß er am kommenden Donnerstag wieder zum Arzt muß. Wenigstens ist er jetzt unter ärztlicher Kontrolle. Seine Ärztin ist (mal wieder..) im Urlaub, aber jetzt kümmert sich wenigstens die Vertretung um ihm. Der hat gemeint, daß es sein könnte, daß er jetzt manisch depressiv geworden ist. Hat jemand eine Ahnung, was das genau bedeutet bzw. Erfahrung mit einem manisch-depressiven Partner??

Bassa, vielleicht weißt du das, du kennst dich ja mit sowas etwas besser aus, hast da vielleicht auch eine Ahnung??

vielen Dank

LG Gabi.

[starga64]

So, jetzt sind bestimmt alle außer mir im Bett.

Ich hock blöd rum und mach mir einen Kopf....

Die Kids haben sich heute so gefreut, daß sie meinen Freund gesehen haben und ich habe es nicht übers Herz gebracht, zu sagen, daß es nicht geht mit dem Heiraten.

Den Termin auf dem Standesamt muß ich auch noch absagen, o Mann, was für eine Sch....

wenn ich bloß wüßte, was richtig und was falsch ist...

Ich glaube, ich bin noch nie in meinem Leben soooo ratlos gewesen.

Aber wenigstens bin ich nicht mehr so verzweifelt, wie vor einigen Tagen.

Danke auch an alle, die das lesen und mitfühlen und helfen wollen...

Ist eine Sache zwischen Herz und Verstand, glaube ich und sowas ist nie einfach...

Ich werde jetzt versuchen, doch noch etwas Schlaf zu bekommen...

Bin ab heute in SSW 18, fällt mir gerade so ein. Der Bauchzwerg schläft bestimmt schon

LG Gabi.

[lilli1986]

Ach maus lass dich knuddeln:( Glaub mir manchmal ist die kopfentscheidung davor richtig...damit wenn alles gut geht die gefühlsentscheidung danach umso richtiger ist. Das heißt also wenn ers sich dann wirklich dann deiner konsepenz rafft, und sich wirklich ändert und auch was dafür tut dann ist die Hochzeit wenn ihr sie dann wirklich macht viel besser, weil du weißt das es dann wieder berg auf geht!

Aber wie gesagt das trotzdem ne total schei...stiuation:( Aber du hast ja noch uns....wo du dich immer auskotzen kannst:D

[lilli1986]

Und zu dem manisch depressiven...Das sind menschen die so schwankungen haben. In einer phase sind sie voller tatendrang, schlafen kaum essen zt. kaum. haben tausend projekte am laufen, könnten bäume ausrreise. Doch dann kommt immer die depressive phase in der sie zu nichts mehr kraft haben. Und meistens ist es so je heftiger die hochphase war, desto tiefer die tief phase:(

Hoffe hab das jetzt richtig formuliert

[Bassa]

Hallo Gabi,

hmm, nein, habe von manisch-depressiv auch keine Ahnung, ausser dass es eben ein besonderes psychisches Krankheitsbild ist. Wuerde mir das von ihm oder einem Fachleut erklaeren lassen, da ich bei solchen Sachen mit Laienerklaerungen vorsichtig waere. Ich arbeite nur selber seit 7 Jahren in Kriegsregionen und kenne von daher etwas die Problematik Deines Partners, zwischen diesen Welten zu leben. Ich hatte damit gluecklicherweise bisher keine psychischen Probleme, aber es gibt eben manche Erlebnisse, die verkraftet man kaum und es gibt eben niemanden in der 'normalen' Welt, der/die das nachvollziehen kann. Bekomme es bei anderen mit, die daran kaputt gehen. Und manche Kommentare hier zeigen eben, was die Realitaet der Betroffen ist, dass dann eben die meisten Leute sagen, 'nu krieg Dein Leben mal wieder auf die Reihe' oder 'will sich nur druecken'. Das ist halt die einfache Loesung der meisten Leute, da es schwierig ist sich damit auseinander zu setzen. Denn da kommen oft Sachen hoch, die wirklich kaum vorstellbar oder zu verarbeiten sind.

Ich wuerde mir wegen der Bezeichnung 'manisch-depressiv' keine so grossen Gedanken machen, da es ja auch wohl erstmal nur eine Eventualitaet ist, wenn ich das richtig verstehe?

Wegen der Hochzeit, auch wenn es fuer die Kinder schwierig ist, absagen halte ich auch erstmal fuer das richtige. Vielleicht kann dies auch als 'Ansporn' zum Durchhalten, fuer ihn wie auch fuer Dich, dienen? Natuerlich nicht als Erpressung (nur wenn Du wieder heil bist heirate ich Dich), aber eben als Motivationshilfe??

Noch eins, hat er/hast Du/habt ihr mal versucht eine Selbsthilfegruppe zu finden? Wie gesagt, es gibt mittlerweile auch in Deutschland durch die vermehrten Bundeswehreinsaetze im Ausland, eine steigende Zahl an Betroffenen, die nicht so problemlos damit klarkommt. Habe mich mal darueber mit einem Bundeswehrseelsorger in Kosovo unterhalten, der sagte, es gabe mittlerweile ne ganze Menge Soldaten, die mit dem Erlebten nicht klarkommen. Das ist nun auch schon eine Weile her, von daher kann ich mir vorstellen, dass es da vielleicht mittlerweile Gruppen gibt? Ich glaube das hilft eine ganze Menge, da andere, die in der gleichen/aehnlichen Situation waren, besser verstehen koennen und man so vielleicht besser aufarbeiten kann?

Gabi, ich finde Deine Einstellung toll! Und was ich lese, finde ich, meisterst Du die Gradwanderung zwischen Vernunft und Herz ziemlich klasse! Und zum Ausheulen und Noelen, sind wir doch hier die richtige Adresse

18. Woche schon! Dann spuerst Du das Kleine schon? Das find ich immer noch so unbeschreiblich schoen, dies Bewegungen...

Alles Liebe,

Bassa

[starga64]

Hallo Lilli,

danke für deine Erklärung. Also, wenn dieses Verhaltensmuster manisch-depressiv ist, dann hat er das schon länger. Manchmal kann ich mit seinem Tempo kaum Schritt halten und fühle mich schon fast überfordert, dann wieder kommt er kaum aus dem Bett und ist mehr als antriebslos. Besonders, wenn er dann bei sich alleine in der Wohnung ist, läßt er sich richtig hängen.

Anfangs habe ich das mehr als Faulheit abgetan, aber im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, daß es nicht darum geht, daß er nicht will, sondern das er NICHT KANN.

Naja, irgendwie kriege ich das schon auf die Reihe, ich hoffe, ich habe die Nerven für das Ganze auch noch, wenn der kleine Krümel da ist. Aber wenns schlecht läuft, lasse ich im Forum einen Hilfeschrei.

Liebe Grüße nach Stuttgart

Gabi.

[starga64]

Hallo Bassa,

das mit der Selbsthilfegruppe ist eine sehr gute Idee...

Da ist er dann unter "Gleichgesinnten" und wird sicher besser verstanden, als von allen anderen. Das wir da noch nicht selbst darauf gekommen sind...grübel. Aber manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.

Ich werde mit ihm darüber reden, wenn ich ihn das nächste Mal sehe, vielleicht haben ja auch die Ärzte in der Therapie das schon mal angesprochen. Ich weiß, daß in der Gruppentherapie viele von seinen Erzählungen überfordert waren, obwohl er das Schlimmste gar nicht erzählt hat. Danach ging es ja auch mit der Einzeltherapie weiter...

Er hatte auch in der eigenen Familie mit einigen Schicksalsschlägen zu kämpfen. Drei seiner Geschwister sind verstorben, zum Teil schon im Kindesalter, sein Vater starb, als er 4 war und seine Mutter lebt inzwischen auch nicht mehr. Ich denke schon, daß man da durchdrehen kann.

Ich glaube, deshalb hat er auch so sehr Angst, die Kids und mich auch noch zu verlieren. Ich glaube auch, daß es falsch wäre, ihn mit dem Thema Hochzeit zu erpressen. Das würde ihn vermutlich erst recht in Panik versetzen. Ich versuche ihm eher, das Gefühl zu geben, daß ich schon für ihn da bin, mir allerdings auch nicht mehr alles gefallen lasse.

Ich muß sagen, seit wir wieder normaler miteinander reden können, geht es auch mir wieder besser. Mich macht die Streiterei auch immer ziemlich fertig, weil ich im Grunde eigentlich eher ein harmoniesüchtiger Mensch bin.

Den Bauchzwerg spüre ich im Moment gar nicht, aber Ende letzter Woche war eine gewisse Unruhe im Bauch. Vielleicht verhält er sich nur gerade still, weil "draußen" schon genug los ist.

Danke für dein Lob, aber die Leute vom Forum, einschl. dir natürlich haben mir auch sehr geholfen - das hatte schon fast therapeutische Wirkung. Alleine wäre ich bestimmt am Durchdrehen gewesen...

Dir auch alles Liebe

Gruß Gabi.