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Mein brüllender Rabauke - die letzten Monate, grob zusammengefasst


***

Kleine Veränderungen, manchmal Erleichterung; leider auch viel Frust.

Um Weihnachten herum entspannte sich die zermürbende Situation etwas, wir konnten endlich mal wieder ein wenig aufatmen und schöpften neue Hoffnung, dass der Spuk bald ein Ende haben würde. Immerhin war Linus jetzt drei Monate alt, und es bestand zumindest die Möglichkeit, dass die elenden 3-Monats-Koliken nun vorbei wären.

Ungefähr zwei Wochen lang lebten wir ein ziemlich normales Leben. Ich war endlich wieder gesund, Linus schrie mäßig bis wenig und schlief auch anständig. Der Papa konnte auch wieder lachen und allgemein waren wir guter Hoffnung, dass sich alles zum Besten wenden würde.

Leider hielt diese gute Phase nicht an. Ob es einer der berüchtigten "Schübe" (wieder ein Mysterium wie das Schreibaby und die 3-Monats-Koliken) war oder die entspannten Tage einfach nur Zufall gewesen waren, wissen wir nicht. Ganz schnell waren wir wieder da angekommen, wo wir gehofft hatten, nie wieder anzukommen - zugegeben mit einigen Modifikationen. Der Rabauke schrie tagsüber nicht mehr ganz so viel wie am Anfang (was dennoch nicht wenig war), dafür wurden unsere Nächte jetzt schlimmer. Linus ließ sich kaum zum Einschlafen bringen, er brüllte sich wahnsinnig schnell ein und an Schlafen war nicht zu denken. Sein letztes Nickerchen machte er gegen 20 Uhr, für ca. eine halbe bis Dreiviertelstunde. Danach war er wach bis in die Nacht. Alle Versuche, seinen Rhythmus zu ändern und das letzte Nickerchen dadurch einzustampfen, schlugen fehl. Und so trugen wir Linus durchs Schlafzimmer, Nacht für Nacht, und versuchten ihm zu zeigen, dass alles gut war, er ruhig schlafen könnte, er keine Angst zu haben bräuchte (oder was auch immer für ein Dämon in ihm steckte, der ihm und uns das Leben so schwer machte). Schlimm war es für mich, wenn der Papa Nachtdienst hatte und ich allein mit Linus war. Ich fühlte mich dann noch ohnmächtiger als sowieso schon, obwohl ich sagen muss, dass es manchmal sogar ruhiger zuging. Vielleicht, weil Linus den unterschwelligen Frust (den wir NIEMALS! an ihm ausließen), dann nur zur Hälfte spürte. Für mich waren diese Nächte jedoch ähnlich schlaflos wie für den Papa im Nachtdienst.

Uns mit der Situation irgendwie zu arrangieren, hieß hinzunehmen, dass wir nur getrennt essen konnten, weil einer sich um das Kind kümmern musste, das schrie, wenn es auch nur wenige Minuten allein lag. Dass wir, wenn wir Omas oder Freunde besuchten, kaum zu einer vernünftigen Konversation fähig waren, weil das Baby unentwegt schrie. Dass wir uns Zeit für uns selbst stehlen mussten, immer in der Angst, sowohl Baby als auch Partner dann nicht mehr gerecht zu werden. Schreiattacken im Bus hinzunehmen, beim Einkaufen, beim Spazierengehen, wenn man wenigstens einmal in der Woche seine Lieblingsserie schauen wollte. Schreiattacken, wenn Besuch kam und natürlich auch bei Kopfweh und Müdigkeit, bei Wind und Wetter sozusagen. Das schmerzte.

Linus ist schon immer ein aufgewecktes Baby gewesen - so aufgeweckt und herzlich, dass Menschen, die ihn nicht gut kennen, nie auf die Idee kommen würden, er wäre ein Schreikind (bis sie ihn hören). Er ist sehr neugierig und impulsiv, sehr sensibel, wahnsinnig an seiner Umwelt interessiert und lässt sich schnell begeistern. Manchmal erinnert er mich an seine Mama, die auch himmelhochjauchzend - zu Tode betrübt sein kann. Vielleicht nimmt er so vieles wahr, dass er schwer wieder runterkommt. Die Geburt allein kann es nicht gewesen sein, auch wenn ich durchaus glaube, dass sie einen Teil zu unserem Dilemma beigetragen hat. Im Endeffekt weiß man nie, wen es trifft. Ich kenne Babys, deren Kaiserschnitt geplant war und die, obwohl sie nicht "natürlich", wie es so schön heißt, zur Welt gekommen sind, ganz ausgeglichen und fröhlich sind. Dann widerum gibt es Babys, die eine wunderschöne Geburt hatten und sich trotzdem durchs Leben schreien. Die Hoffnung, eine Antwort auf mein "Warum" zu erhalten, kann ich wohl aufgeben, wenn ich so darüber nachdenke.

Vielleicht ist das ja auch ganz richtig so. Das Kind ist in den Brunnen gefallen und anstatt darüber zu lamentieren, wie in Gottes Namen das bloß passieren konnte, sollte man sich ein Seil schnappen ... und den Rabauken herausholen.

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