Zum Inhalt springen
  • Beiträge
    13
  • Kommentare
    44
  • Aufrufe
    1.823

Mein brüllender Rabauke: Die ersten Monate, grob zusammengefasst (Teil 2)


Mary Martini

603 Aufrufe

Hier geht es weiter ...

Wir wurden hilfloser und hilfloser. Unser Kinderarzt hatte keinen vernünftigen Rat für uns bzw. konnte uns nichts sagen, was wir nicht selbst schon wussten. Osteopathie (der Rat unserer Hebamme) bewirkte rein gar nichts (ich habe allerdings im Forum schon von mehreren Fällen gelesen, in denen O. super half, wir sind also kein Paradebeispiel). Was wir noch alles versuchten, könnt ihr in der folgenden Liste abrufen (vielleicht auch ein Leitfaden für andere schreibabygeplagte Eltern, die einen Tipp brauchen - bei anderen hilft vielleicht, was uns nicht helfen konnte und umgekehrt):

- Mittelchen gegen Bauchweh: Kümmelzäpfchen gegen Blähungen und Verstopfung (hatten bei uns einen Teilerfolg), Sab Simplex, damit die Milch nicht schäumt (hätten wir genausogut weglassen können), Kirschkernkissen (unverzichtbar für uns; damit ging es Linus wenigstens ein bisschen besser), viel Still- oder Fencheltee für die Mama (hat in unserem Fall gar nix gebracht), Windsalbe bzw. Kupfersalbe (beides wirkungslos), Babybäuchleinöl (sollte man, finde ich, da haben, auch wenn ich es nicht allzu oft angewandt habe)

- Methoden gegen Bauchweh: Fliegergriff (Papa hat Popeye-Arme bekommen, weil er Linus so unglaublich oft getragen hat), Tragetuch (ich hab mal gelesen, wenn Babys soundsoviele Stunden am Tag getragen werden, weinen sie soundsoviel weniger - bei Linus gab es keinen Unterschied, aber aus anderen Gründen empfehle ich das Tragen ganz ausdrücklich, es ist richtig und wahnsinnig wichtig für Babys!), allgemeines Herumtragen (möglichst über Stunden und vielleicht noch ein Liedchen dabei singend - das beruhigt einen selbst zumindest ein bisschen, weil man beim Singen nicht nachdenken kann)

- Osteopathie: Um Blockaden zu lösen, die (nicht nur) während eines Kaiserschnitts entstanden sind - es gibt Babys, die schlafen danach ruhiger, weinen nicht mehr so viel, wirken insgesamt ausgeglichener und können besser abführen

- Stillen gegen Bauchweh: Muttermilch ist am besten verträglich und verdaulich und Muttermilch hilft beim Abführen (Ich selbst würde immer wieder stillen, aber aus verschiedensten Gründen geht das nicht immer, deshalb verteufle ich Flaschennahrung nicht)

- Pucken gegen das Schreien: Viele Babys mögen es, straff eingepackt zu werden. Durch das Pucken konnten wir oft zumindest die schlimmsten Schreiattacken mildern. Es hat eine Weile gedauert, bis er sich beruhigt hat, aber das Pucken hat wirklich noch mit am besten geholfen. Zu diesem Thema kann ich ein Buch empfehlen, das sich zwar nicht durch den besten Stil auszeichnet, aber lesenswert ist: Das glücklichste Baby der Welt von Harvey Karp.

- Touren im Kinderwagen (wahlweise auch im Auto, aber wir haben keins): Anfangs war das Gefährt unser "magic pram". Ziemlich schnell aber verflog der Zauber und Linus brüllte nur noch, wenn er in den Kinderwagen gelegt wurde.

- Achtung Reizüberflutung: Zu viele Besucher, zu viele Ausflüge, zu viel Radio, vielleicht Fernsehen oder anderes überfordert die kleinen Dinger sehr schnell mal. Wir haben es an Linus gemerkt: Als wir zwei Wochen lang konsequent auf alles verzichteten, was Geräusche von sich gab, nirgendwo mehr mit ihm hingingen außer in den Park zum Spazieren, und die Besucher fernhielten, besserte sich Linus' Zustand - zumindest ein wenig. Natürlich kann man nicht sein restliches Leben als Eremit verbringen. Aber ich würde immer darauf achten, das Baby nicht mit Reizen zu überfordern.

- Niemals schreien lassen (es sei denn, man braucht mal eine Minute, um durchzuatmen, aber dann ist im Idealfall der Papa da und löst ab): Ich vertrete die Auffassung, dass Babys nur noch mehr schreien, wenn man sie schreien lässt. Ich habe es an Linus gemerkt: Er wurde noch hysterischer, wenn man nicht schnell reagiert hat. Außerdem müssen Babys ein Vertrauen zu ihren Eltern (und zur Welt) aufbauen, und das können sie nicht, wenn alles, was sie lernen, ist, dass niemand hilft, wenn sie Hilfe brauchen.

- Eine Ausnahme von dem, was ich über das Schreien lassen gesagt habe, ist, wenn man das Baby sich "ausschreien" lässt. Den Tipp bekam ich von jemandem aus dem Forum. Man nimmt sein Kind in den Arm und geht mit ihm durch diese schlimme Schreiattacke, ohne es stoppen zu wollen. Man stützt sein Kind und zeigt ihm, dass man da ist. Jeder muss mal seinen Frust rauslassen - auch Babys. Und die können nicht anders als zu schreien.

Ich finde diese Methode gar nicht verkehrt, muss aber zugeben, dass ich selbst schon zu erledigt war, um das regelmäßig durchziehen zu können. Ich habe es einfach nicht ausgehalten und ich hatte Angst, dass Linus mir auf meinem Arm erstickt.

Diese Liste ist bei Weitem nicht vollständig, sondern nur das, was wir selbst ausprobiert haben. Ich bin kein Mediziner und kann zu den ominösen 3-Monats-Koliken nicht viel sagen. Sie sind nicht vollständig erforscht und kontrovers - manche glauben, es sei eine Unreife des Darms, die dafür sorgen, dass Babys Bauchweh und Blähungen haben und deshalb vor Schmerzen schreien. Andere widerum sagen quatsch, das liegt an keiner Unreife, Babys in Naturvölkern leiden nicht an Koliken, warum also sollten die Därme westlicher Babys unreifer sein als die Därme von Naturvölkerbabys?

Ich weiß nur, dass Linus eine Menge gepupst hat und dass er danach geschrien hat, also besteht zumindest für mich ein direkter Zusammenhang zwischen beidem. Dennoch konnte ich diese 3-Monats-Koliken nicht heilen, nur mindern. Und auch gegen das Schreien konnte ich bisher nicht wirklich etwas ausrichten - nur ein wenig Balsam auftragen. Wir haben wirklich vieles versucht, doch auch wenn sich die Qualität und auch Quantität des Schreiens nach den ersten dreieinhalb Monaten verändert hat (dazu in einem anderen Blogeintrag mehr), sind wir noch immer recht hilflos. Wir als leidtragende Familie (Mama, Papa und Linus) finden, dass wir jetzt endlich die richtige Hilfe bekommen sollten, und deshalb haben wir uns an die Schreiambulanz gewandt. Unser Kind möchte glücklich sein. Und wir mit ihm, denn dass die Situation der letzten Monate (auch wenn ich sie nur kurz umrissen habe) eine Belastung für Körper und Seele ist, steht außer Frage und können bestimmt nicht nur Eltern anderer "Schreibabys" nachvollziehen.

Bevor ich ende, möchte ich unbedingt noch auf die gutgemeinten Ratschläge anderer eingehen. Über das "Lass ihn doch mal schreien und spring nicht immer gleich, du verziehst ihn ja" möchte ich an dieser Stelle gar nicht eingehen, weil ich glaube (oder hoffe), dass unsere Generation über diesen Irrglauben hinaus ist.

Ich habe mir von verschiedener Seite anhören dürfen, dass mein Kind schreit, weil ich es nicht satt bekomme. Ein Freund vom Papa belatscherte uns ständig (tut es noch, obwohl wir mehrfach etwas dazu gesagt haben), dass wir die Muttermilch mit Cerealien strecken sollten, damit sie Linus schwerer im Magen liegt und dann würde er auch besser schlafen können und nicht mehr so schreien.

Mein Stiefvater riet mir immer wieder, es doch mit Säuglingsmilch zu versuchen; Linus würde zwar von meiner Milch alles bekommen, was er braucht, nur würde es nicht reichen, um ihn satt zu machen - kein Wunder, dass er immer so schreit.

Meine Schwiegermutter kam eines Tages mit einer Babywaage aus der Apotheke an und forderte mich auf, Linus vor und nach dem Stillen zu wiegen, um zu schauen, ob er auch genug trinkt.

Wann immer Menschen auf der Straße oder im Bekannten- und Verwandtenkreis Linus' Schreien hörten, hieß es, er habe sicher Hunger und würde deshalb so viel schreien.

Weil ich nach Bedarf stille, hörte ich oft, dass er so viel trinke, weil er nie richtig satt würde.

(Kleine Anmerkung von mir: Mein Sohn kam mit viereinhalb Kilo auf die Welt und nahm seitdem kontinuierlich zu, war also nie als Hänfling zu bezeichnen.)

Ich möchte hier ganz persönlich etwas dazu sagen, weil mich diese Bemerkungen immer sehr aufgewühlt haben: Ich bin mir sicher, dass ich meinem Kind das Beste gegeben habe, was es bekommen konnte. Ich habe im engen Freundeskreis eine Still- und Laktationsberaterin und angehende Hebamme, die mich, wie meine Wochenbetthebamme, immer gebeten hat, nicht auf solche unqualifizierten Äußerungen zu hören. Ich hatte immer genug Milch (man sieht es am Gedeihen des Kindes - er lag immer gleich auf der Gewichtsskala) und diese allein hat auch gereicht, ohne Zusätze hinzuzugeben oder zuzufüttern. Ich will damit nicht sagen, dass man nie zufüttern muss - es gibt viele Wege, sein Kind zu ernähren, und es ist immer eine individuelle Entscheidung. Aber mein Kind hätte nicht weniger geschrien oder besser geschlafen, wenn es noch mehr oder andere Milch bekommen hätte. Ich beziehe mich hier auf unsere ersten dreieinhalb Monate.

Es ist für eine Generation, deren Kinder größtenteils mit der Flasche aufgezogen wurden, immer leicht zu sagen: Deine Muttermilch reicht nicht. Was man im Laden kaufen kann, muss einfach besser sein als das, was der Körper produziert. Viele Menschen kennen die Vorteile von Muttermilch nicht oder nur grob (weil sie sich nie damit auseinander gesetzt haben oder auseinander setzen mussten), und ich schweife vom Thema ab, wenn ich mich hier weiter verstricke (auch wenn ich gerne wollen würde; aber ich habe nicht vor, ein Muttermilch-Pro-und-Contra-Battle zu eröffnen).

Ich möchte nur sagen, dass man Schreibabys niemals lapidar unterstellen sollte, sie schreien, weil sie nicht satt werden.

Und damit ende ich für dieses Mal. :yo:

0 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Keine Kommentare vorhanden

Gast
Kommentar schreiben...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir haben Cookies auf Deinem Gerät platziert. Das hilft uns diese Webseite zu verbessern. Du kannst die Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass Du damit einverstanden bist, weiterzumachen.