Zum Inhalt springen

Geburt von Julius am 4.10.1999

Dieses Thema bewerten


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Ich hatte seit der 28. SSW vorzeitige Wehen, die erst mit Magnesium und dann mit Partusisten (Maximaldosis) und Beloc Mite behandelt wurden. Obwohl ich wußte, daß Vorwehen nicht schmerzhaft sind, habe ich doch gedacht, ein Gefühl für Wehen bekommen zu haben. Ab der 35. SSW habe ich die Wehenhemmer auf Rat der FA langsam abgesetzt. Ich hatte nicht mehr Wehen als mit den Medikamenten fühlte mich aber super, endlich war ich nicht entweder benommen (Beloc) oder flatterig (Partusisten) und konnte die letzten Sommertage genießen.

Am 2.10.1999 ging morgens der Schleimpfopf ab. Ich war in der 36. SSW und geriet in Panik. Trotz der Wehen und allem habe ich nie wirklich damit gerechnet, daß Julius so viel zu früh kommen würde. Im Krankenhaus war das CTG unauffällig, keine Wehen, MM geschlossen, Gebärmutterhals verstrichen (war seit ewig so). Die Hebamme sagte, es könne noch bis zu 2 Wochen dauern, bis das Kind käme. Ich war beruhigt und erleichtert, daß es mit dem Mama werden noch dauerte.

Am 4.10. wachte ich gegen 8 auf. Ich hatte mal wieder Rückenschmerzen, wie in der letzten Zeit so häufig. Keine Wehen, keine Veränderung. Ich blickte auf das fertige Kinderbett neben mir und dachte mir, wenn heute noch mal so was wie Samstag passierte, geriete ich nicht in Panik. Ich war soweit. Um 9 hatte ich die erste Wehe, die ich als solche gar nicht identifizierte, da mein Bauch nicht wie gewohnt hart wurde, sondern die Rückenschmerzen unangenehmer wurden. Bevor mein Mann zur Arbeit ging ließ er mir eine Wanne ein, in der ich es aber nur kurz aushielt. Die Rückenschmerzen waren wirklich unangenehm. Beim Frühstück mußte ich auf einmal aufstehen und krümmte mich vor Schmerzen. Ich war immer noch völlig ahnungslos. Das war nicht die Art von Wehen, die ich kannte (Julius hatte sich auch noch nicht gesenkt). Die 3. Wehe kam dann 15 Min. später und plötzlich ging es Schlag auf Schlag. Die Wehen waren extrem schmerzhaft. Ich hatte vorher nie Angst vor den Wehen gehabt, da ich eher hart im Nehmen bin, aber damit habe ich nicht gerechnet. Ich konnte während der Wehen nicht sitzen und probierte anfangs noch verschiedene Stellungen wie bei der Geburtsvorbereitungen, nichts half. Die Wehen kamen ab 10 unregelmäßig alle 3-5 Minuten, dauerten zwischen 30 Sek. und 1,5 Min. und waren von einer Heftigkeit, die mich völlig fertig machte.

Anfangs versuchte ich noch mich mit telefonieren abzulenken. Bei einem Anruf im KH sagte die Hebamme, ich solle kommen, wenn ich die Schmerzen nicht mehr aushielte. Ich rief um 12 meine Mann an, weil ich völlig verzweifelt war. Ich hatte Angst vor den Schmerzen, an Wehen veratmen war längst nicht mehr zu denken, bei einer Wehe stand ich über den Fernseher gebeugt, zwischen den Wehen ging ich umher, packte meine Tasche fertig und ging immer wieder aufs Klo (ich hatte seit morgens starken Durchfall). Mein Mann war super aufgeregt, ich konnte vor Schmerzen kaum sprechen. Obwohl das KH zu Fuß nur 5 Min. entfernt ist fuhren wir mit den Auto, weil ich das Gefühl hatte mich nicht auf den Beinen halten zu können. Im KH (13 Uhr) kam ich ans CTG, das unregelmäßige schwache Wehen anzeigte (mein Bauch wurde tatsächlich weniger hart als bei den Vorwehen). Nach einer Stunde kam die neue Hebamme, die mich untersuchte - MM knapp fingerdurchlässig. Sie sagte wir könnten mit dem Kind gegen 22 Uhr rechnen. Mein Kommentar war PDA. Ich hatte mir schon ziemlich früh in der Schwangerschaft vorgenommen eine PDA legen zu lassen, falls ich (wider Erwarten) die Schmerzen zu schlimm fand. Die Hebamme sagte es sei noch zu früh, ich solle erst mal das Zimmer beziehen und in die Wanne gehen. Die Schmerzen waren inzwischen so schrecklich, daß ich mich kaum bewegen konnte. Seit wir im KH angekommen waren, spürte ich praktisch keine Wehenpausen mehr, da ich vor Angst und Schmerzen so verkrampft war.

Schlaue Ratschläge meines Mannes und der Hebamme, wie ruhig atmen, entspann dich etc. konnte ich nicht befolgen, weil die Schmerzen zu schrecklich waren. Im Zimmer angekommen war am Ende. Die Bettnachbarin ermutigte mich ehrlich mitfühlend, meinen Schmerz ruhig rauszustöhnen, was geradezu rührte. Noch bevor mein Mann die Formalitäten geregelt hatte und meine Sachen brachte war ich schon wieder auf dem Rückweg zum Kreissaal. Ich wollte in die Wanne und dann meine PDA. Die Wanne war die Hölle. Die Hebamme hatte mir vorher ein Buscopan Zäpfchen zum MM entspannen gegeben. Ich blieb nur wenige Minuten in der Wanne, weil mir übel wurde und in der feuchten Hitze mein Kreislauf durcheinander geriet. Mein Mann trocknete mich ab und zog mir 2 Klinikhemden an (eins vornerum eins hintenrum)-meine Klamotten lagen noch im Zimmer. Die Hebamme brachte eine Brechschüssel. Ich mußte aber nur würgen. Ich mußte wieder aufs Klos, es kam aber nichts. Allein konnte ich mich nicht mehr auf den Beinen halten. Mein Mann stützte mich und führte mich umher. Die Kreissäle waren alle voll. Eine Krankenschwester hatte Mitleid mit mir und führte mich in den Behelfskreissaal, der nur zu Erstunterschungen, Anmeldungen, CTGs u.ä. benutzt wird, weil er kein Fenster hat. Dort saß ich halb, halb stand ich (sitzen war unmöglich. Die Hebamme kam, ich wand mich auf das Kreissbett. Sie versuchte mir links einen Zugang zu legen, um Blut für meine PDA abzunehmen. Ohne Erfolg. Bevor sich rechts versuchte wollte sie noch mal untersuchen, da ich so fertig war. Sie frage anschließend "Sie wollen eine PDA?", ich sagte "Bitte ja, ganz ganz schnell", sie sagte "Die kriegen sie aber nicht. Sie kriegen jetzt ein Kind". Das wars. Es war halb 4, der MM hatte sich seit der letzten Untersuchung vollständig geöffnet, Julius lag ganz tief im Becken. Mir wurde schwindelig und übel. Die Hebamme rief hetkisch die Ärztin, die mit einer

Praktikantin herbeieilte. Zum Glück gaben mir alle Anweisungen beim Pressen, ich konnte nicht mehr denken. Mein Mann stand am Kopf, die Ärztin auf der anderen Seite, daneben die Praktikantin und zwischen meinen Beinen die Hebamme. Ich spürte keine Wehen mehr, das CTG war nur noch behelfsmäßig befestigt worden. Ich presste einfach drauflos, wenn ich das Gefühl hatte ich könnte. Zum Glück hatte ich kaum noch Schmerzen. Irgenwann wurden die Fußstützen ausgefahen, weil ich meine Beine nicht mehr halten konnten. Die Ärtzin presste ein oder zweimal mit (das tat etwas weh). Es wurde ein Dammschnitt angekündigt, ich spürte ein kleines Pieksen von der Betäubung und hörte den Schnitt (mir war nicht klar, daß mit einer Schere geschnitten wird). Beim nächsten Pressen wurde der Kopf geboren, was nochmal einen kurzen stechenden Schmerz bedeutete, dann war Julius da.

Es war 15:52. Er wurde mir sofort auf den Bauch gelegt, er hatte ganz viele dichte schwarze Haare und lag ganz friedlich in meinen Armen. Ich fühlte mich nur leer, alles war weg und trotzdem war jetzt alles da. Im wesentlichen war ich erleichtert. Mein Mann durchtrennte die Nabelschnur. Ich fühlte mich jede Sekunde besser, ich war so glücklich und stolz, die Geburt war so kurz gewesen (knapp 7 Stunden seit der ersten Wehe). Ich bekam noch irgendwelche Globuli und bekam nur langsam die zunehmende Hektik mit (zuerst hatten alle den Behelfskreissaal verlassen, irgendwann kann alle wieder und wuselten rum, ich hab davon nicht viel mitgekriegt). Nach 1 Stunde war die Planzenta noch nicht da, die Hebamme und die Ärztin versuchten sie herauszuziehen, ohne Erfolg. Die Hektik wurde nun größer, ich war immer noch völlig euphorisch glücklich. Man sagte, ich müsse eine Ausschabung bekommen, man warte nur noch auf den Anästhesisten. Mein Mann wurde mit Julius herausgebracht. Eine Schwester hielt mir Papiere unter die Nase auf die ich lustige Schlenker malte. Alles wurde ganz lustig verschwommen, mir war schwindelig. Jemand fuhr das Bett herunter (ich hatte fast aufrecht im Sitzen entbunden), damit wieder Blut in meinen Kopf fließt. Zum Glück hatte ich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, so ich nicht intubiert werden mußte. Die Anästhesieassistentin erzählte mir von den tollen Dingen, die ich träumen würde. Dann kam der Anästhesist, er hatte anscheinend noch geraucht, dann war ich weg. Als ich aufwachte, waren alle ganz komisch zu mir. Ich wollte sofort zu Julius, mußte mich aber noch in das richtige Bett rollen, alle halfen mir dabei. Die Hebamme wusch mich und half mir etwas frisches anzuziehen. Ich war glücklich stolz und alles was dazugehört.

Nach 2 Stunden kam ich auf die Station, wo ich noch eine Bluttransfusion bekam. Langsam begriff ich was passiert war. Der Dammschnitt war zu klein gewesen und Julius hatte den Damm komplett zerrissen (DR 3. Grades). Das wurde aber erst bei der Ausschabung entdeckt. Deswegen und wegen der

Plazenta, die sich nicht gelöst hat, hatte die bedrohlich viel Blut verloren, daher die Transfusion. Ich war sehr schwach und mußte 10 Tage im KH bleiben. Zudem ging die Naht noch einmal auf, weil Julius wegen einer Gelbsucht auf die Nebenstation verlegt wurde, auf der ich nur im Sitzen stillen konnte. Pech.

Inzwischen ist Julius 9 Monate und ich habe die Geburt so ziemlich verarbeitet. Obwohl Julius 3,5 Wochen zu früh kam war er fit und munter. Er ist ein ruhiges liebes Kind, das sehr neugierig ist. Ich liebe ihn jeden Tag mehr. Im Nachhinein weiß ich, daß der Verlust der Kontrolle das schlimmste für mich war. Eine einfühlsamere Hebamme hätte sicherlich auch zu einem schöneren Erlebnis beigetragen.

Ich möchte auf jeden Fall noch ein Baby haben und weiß, was ich bei der nächsten Geburt anders haben will. Ich bin mal gespannt. Ich hoffe, dieser Beitrag erschreckt die werdenden Mamis hier nicht zu sehr. Mir hilft der Beitrag die Erlebnisse weiter zu verarbeiten. Eine schöne und selbstbestimmte Geburt wünscht euch

NINA

Dein Kommentar

Du kannst jetzt schreiben und Dich später registrieren. Wenn Du ein Konto hast, melde Dich jetzt an, um unter Deinem Benutzernamen zu schreiben.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Nur 75 Emojis sind erlaubt.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Editor leeren

×   Du kannst Bilder nicht direkt einfügen. Lade Bilder hoch oder lade sie von einer URL.

  • Wer ist Online   0 Benutzer

    • Keine registrierten Benutzer online.
  • Seit 1997 helfen wir den Müttern,

    ❤️ Hallo ❤️

    Es scheint, dass Dir unser Forum gefällt, aber du bist noch nicht angemeldet.

    Wenn du ein Konto eröffnest merken wir uns deinen Lesefortschritt und bringen dich dorthin zurück. Zudem können wir dich per E-Mail über neue Beiträge informieren, falls Du es willst. Dadurch verpasst du nichts mehr. Du wirst merken, dass die Diskussionen hier viel tiefer gehen und Du längere Beiträge zu einem Thema lesen kannst. Auch kommst Du in verschlossene Bereiche rein und kannst die Clubs besuchen. Diese Themen verschwinden auch nicht und DU entscheidest, was Du lesen willst und kein Algorithmus.

    Falls Du übrigens keine Email von uns bekommst, schau im Spam Bereich nach oder nimm Kontakt mit uns über das Kontaktformular auf.
    Es kann 24h dauern bis wir dich freischalten. Du musst Deine Email bestätigen, sonst dürfen wir Dich nicht in das Forum lassen.

    Wenn Du schon ein Benutzerkonto hast, melde Dich bitte mit Deiner Email an, um mit Deinem Konto zu schreiben und echte Freundinnen zu finden.

  • Diese Seite empfehlen

    Dir gefällt Adeba - Dein Familienforum? Empfehle die Seite weiter!
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir haben Cookies auf Deinem Gerät platziert. Das hilft uns diese Webseite zu verbessern. Du kannst die Cookie-Einstellungen anpassen, andernfalls gehen wir davon aus, dass Du damit einverstanden bist, weiterzumachen.