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Geburt von Sarah am 28.10.1999

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Ich hatte seit jeher Angst vor der Geburt, nachdem ich mit 14 Jahren im Krankenhaus-Praktikum eine Geburt im Kreißsaal miterleben durfte. Ich fand es fürchterlich, vor allem, weil ich mich zuvor mit der Thematik natürlich überhaupt nicht befaßt hatte. Für mich hieß "Baby" immer ein rundes, fröhliches Etwas in der Wiege, über das Kriegen habe ich mir nicht so Gedanken gemacht. Während ich die Gebärende beobachtet hatte, und all das Blut, Schreien etc., da sank bei mir der Kinderwunsch von ursprünglich mindestens 5 Kindern auf Null.

Als mir mein Frauenarzt letzten April (1999) mitgeteilt hatte, daß wir - höchstwahrscheinlich am 01.11.1999 - Eltern werden würden, war die Freude riesig. Aber je größer der Bauch, umso größer wurde auch die Angst vor der Geburt. Ich habe viele Frauen gefragt, wie ihre Geburt war.

9 von 10 Frauen haben mir Horrorgeschichten erzählt. Das übliche, rasende, unerträgliche Schmerzen, herzlose Hebammen, Entbindungen auf dem Gang, schmerzende Zwangseinläufe....ich hatte panische Angst vor der Geburt - und wenn ich mich darum hätte drücken können, ich hätte es wahrscheinlich getan. Ich habe mich bestmöglichst auf die Geburt vorbereitet - mit Ölen, Atemtechnik, stundenlanges Bereden meines Mannes, Homöopathie etc.....so groß war meine Angst.

Als dann am Mittwoch, den 27.Oktober um 21:58 Uhr (letzte Pause bei "Diagnose Mord") die Fruchtblase geplatzt ist, war in mir ein Gemisch aus unbändiger Freude und auch genauso sehr Angst. Ich hatte von Anfang an alle 5 Minuten Wehen, die sich am Anfang wie Regelschmerzen anfühlten, und konsequent stärker wurden. Wir haben schnell noch die Tasche gepackt, aber da wir beide so konfus waren, wurden es 4 Taschen. Sehr zur Belustigung der Hebamme, die uns später fragte, ob wir vorhätten, in den Kreißsaal zu ziehen. Nächstes Mal werde ich früher packen.....

1 Stunde nach Geburtsbeginn ist meine Anfangseuphorie langsam verflogen, denn da begriff ich zum ersten Mal, warum Wehen Wehen heißen. Ich habe mitten in der Nacht noch meine Eltern angerufen. Für den Fall, daß ich die Schmerzen - als erste Frau der Welt - nicht aushalten sollte, wollte ich mich noch von ihnen verabschieden. Die Fahrt ins Klinikum war einfach toll. Sie dauerte exakt 4 qualvolle Wehen, aber ich konnte mich nicht entspannen, denn ich dachte immer nur: das ist erst der Anfang .... wie schlimm wird es dann noch werden?

Der diensthabenden Hebamme habe ich sofort erzählt, daß ich schon alle 5 Minuten Wehen hätte...und sie gab mir die entmutigende Antwort, das könne aber nicht sein, denn dafür würde ich noch viel zu gut aussehen. Meine Angst wuchs ins Unendliche...Das CTG zeigte auch null Ausschlag - wahrscheinlich wegen meiner Speckschicht am Bauch - und ich hab an mir und meinem Körper gezweifelt. Die Hebamme war drauf und dran, mich wieder heimzuschicken (sie glaubte auch nicht die Geschichte vom Blasensprung) - holte aber sicherheitshalber doch noch die Ärztin.

Groß war das Erstaunen aller, als sie mitteilte, der MM sei schon 4 cm weit offen...Sie legten mir eine Infusionsnadel für alle Fälle - und ich weiß noch, welch große Angst ich vor der Nadel hatte..... Ich durfte dann noch 1 Stunde mit meinem Mann im Haus spazierengehen, wobei es mit der Zeit sehr mühsam wurde. Ich war ganz gelassen und ruhig, hab mir im Prinzip jede Wehe verbissen. Drohend war im Hinterkopf immer der Gedanke "Hab dich nicht so, es wird noch viiiieeeel schlimmer" (Horrorgeschichten zeigen eben doch Wirkung!).

Beim zweiten CTG am Wehenschreiber kurz nach 1 Uhr nachts zeigte sich immer noch kein Ausschlag, obwohl ich mich alle 2 Minuten zusammengekrümmt habe....Als ich dann damit gedroht habe, diesen Apparat kurz und klein zu schlagen und eine deutlich feindselige Haltung angenommen habe, wandte sich meine Hebamme mir dann doch zu und wir haben ein prima Verhältnis aufgebaut.

Sie war wirklich spitze.

Es war mittlerweile halb zwei und sie versorgte mich mit einem Einlauf, der Muttermund war bereits 8 cm offen.

Ich kann jedem einen Einlauf nur empfehlen, er nimmt die Angst vor unangenehmen Erlebnissen beim Preßen. Der Einlauf hat gleich auf einmal die letzten 2 cm bewirkt, wo es dann aber für mich anfing, heftig zu werden. Es stand nur noch der Saum. Ich bin am Boden gekrabbelt, um die Glocke zu erreichen. Da hab ich dann beschlossen, meine "Indianer kennen keinen Schmerz" - Haltung aufgegeben.

Eine weise Entscheidung!

Ich habe mir immer eine Wassergeburt eingebildet - etwas anderes kam für mich nicht in Frage. Also wurde ich kurz nach 2 nachts ins Wasser gesetzt. Tja, und zu meiner größten Enttäuschung bin ich ein "Erdmensch" - also nicht geeignet für Wassergeburten. Statt zu Entspannen bin ich durchgedreht und hab geheult und um eine PDA gebettelt - viel zu spät natürlich. Die Hebamme hat sich's eine Weile angehorcht und mich dann aus der Wanne geholt - und siehe da, ich war wieder ansprechbar.

Also bin ich in den Kreißsaal getappelt und nach 1 Stunde Kampf - ich konnte einfach nicht loslassen - hab ich mitgepreßt und um 4:10 Uhr wurde mir unser kleiner Zwerg auf den Bauch gelegt....

Während ich kurz vor der Preßphase in den Wehenstürmen dachte, daß ich sterben müßte, empfand ich die Preßwehen als nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt habe. Es ist irgendwie ein irres Gefühl, zu merken, wie man das Baby cm für cm aus sich rauspreßt.

Als mir klar wurde, daß es vorbei war - daß das Baby nun geboren ist - hatte ich das Gefühl, gar nicht wirklich anwesend zu sein. Es war ein absolut tolles Gefühl, ein Mischmasch aus Angst, Freude, Liebe, Ablehnung, Müdigkeit....ich kann es nur mit den Worten beschreiben "da berühren sich Himmel und Erde"

Mein Mann war genauso gerührt wie ich. Er stand mir während der gesamten Entbindung rührend zur Seite, ohne daß ihn mein ständig wechselndes Verhalten abgeschreckt hätte. Ganz wichtig war für uns, daß er es ist, der die Nabelschnur durchschneidet - es war für alle im Kreißsaal ein bewegender Moment und ich werde ihm für sein Dasein immer dankbar sein.

Ich kann nur jedem raten, sich nicht einschüchtern zu lassen. Jede Frau kann ihr Kind gebären - so wie es ihrer Wesensart entspricht. Und Entbindungen mit PDA sind auf gar keinen Fall weniger "wertvoll".....

Und es ist immer zu schaffen.

In der Rückschau muß ich sagen: es war - trotz allem - der schönste Tag in meinem Leben und meine kleine Tochter Sarah war jede einzelne Wehe wert!

Alles Gute

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