Hallo Heike,
ich kann verstehen, dass Du es nur noch "hinter Dich bringen" willst, das war bei mir auch so. Habe mich sogar versucht von meiner Tochter emotional zu entfernen, was sowieso nicht ging (aber ist wohl ein normaler Prozess). Ich wollte nur, dass alles wieder gut wird, aber das wird es auch so nicht. Zwischen endgültiger Diagnose und Abbruch hatten wir 1 Woche, als ich das hörte habe ich diese lange Zeit als Bestrafung empfunden, im Nachhinein sehe ich es als ein Geschenk. Ich habe mich in Ruhe verabschieden können, die Zeit tat irre weh, aber ich habe versucht meiner Tochter noch eine schöne Zeit in meinem Bauch zu schenken, war mit ihr baden, habe mich mit ihr beschäftigt, haben für sie und mit ihr was zum anziehen gekauft, sie war sogar mit bei der Friedhofswahl dabei (und es war ein schlimmes Gefühl, aber wir wollten für sie alles so gut wie möglich machen), wir haben zu dritt getrauert, geweint...
Weisst Du..es ist Fluch und Segen zugleich selbst die Entscheidung zu treffen, zu wissen wann es passiert. Einerseits kommt man sich vor, als ob man zur Hinrichtung fährt, andererseits, man hat die Möglichkeit sich auf den Abschied vorzubereiten und dem Kind einen würdevollen Abschied zu bereiten. Außerdem...wenn Leute in die Klinik fahren und erfahren, dass ihr Kind tot ist und dann alles Ratz Fatz geht, kann man garnicht verstehen was da passiert, man funktioniert, ist aber selbst garnicht dabei, hinterher ist man oft unglücklich, dass man keine Fotos, keine Erinnerung hat usw. !
Wenn man sich für den Abbruch entscheidet, kann man schon viel psychische Vorarbeit leisten, trotzdem ist die Zeit natürlich sehr schlimm, das möchte ich nicht beschönigen.
Ich will Dir nur sagen, lass Dir Zeit, auch wenn es weh tut, es ist normal, dass es weh tut, Du verlierst Dein Kind, einen Teil von Dir und Du hast es so entschieden, das ist ganz schwierig... Aber wenn Du nur schnell Deinen Kleinen aus dem Bauch hast, gehen die Probleme anders weiter.
Rede mit Deinem Baby, erklär ihm was in Dir vorgeht, verabschiede Dich in Ruhe, schliesse Frieden und versuch zumindest ein wenig Kraft für die geburt zu sammeln, denn auch das ist nicht ohne und während der Geburt musst Du loslassen können- dazu ist der Abschied vorher ganz ganz wichtig- (damit hatte ich auch noch riesenprobleme weshalb die Geburt sehr lange dauerte).
Erst hinterher merkst Du wie wichtig die Zeit vorher war, zumindest war es bei mir so. Ich bin aber auch der Meinung, dass so eine Entscheidung eine der schwersten ist, die es im Leben zu treffen gibt (die ich niemandem wünsche), besonders wenn man nicht genau weiss was denn nun wirklich das Beste für das Kind ist, deshalb informiere Dich umfassend !!!!
Kurz nochmal zum Fetozid..mit "sie übernehmen sonst keine Verantwortung" heisst wahrscheinlcih, dass sie -falls das Kind doch überlebt- keine Verantwortung übernehmen, wenn das Kind dann sehr sehr schlimm behindert (noch schlimmer als durch die Krankheit/Fehlbildungen) etc, sie können so auch nicht haften..., ok...wenn Du aber von Kinderärzten erfährst, dass Dein Kind sowieso sterben wird, musst Du Dir überlegen, ob Du es psychisch schaffen kannst, Deinen Sohn in den Tod zu begleiten oder Dein Mann es kann (wenn Du evtl grade bei der Ausschabung bist)..
Am Anfang hätte ich mir das nicht vorstellen können, aber da kann man reinwachsen, eigentlich ist es in meinem Augen eine Selbstverständlichkeit, dass man sein Kind dann nicht in den Armen eines Arztes oder so sterben lässt...aber darüber muss man sich vorher Gedanken machen und sich ehrlich einschätzen !
Wenn wir in der Situation gewesen wären, dass das Kind evtl ohne Lebensqualität zu haben und behindert (und zwar schwerst behindert) überlebt hätte -ohne Fetozid-, hätten wir uns wahrscheinlich doch für einen Fetozid entschieden. Man muss abwägen, was grausamer ist, paar Sekunden evtl leiden oder evtl ein ganzes Leben.
Aber das ist eine schwierige Frage und da gibt es sicher kein richtig oder falsch, denn oft kann man ja garnicht beurteilen, ab wann Lebensqualität beginnt...
Ganz wichtig...sucht euch Hilfe, eine Trauergruppe, Psychologin... das hat uns sehr geholfen.
Und ganz wichtig...nimm Dir Zeit für Dich und für den Kleinen auch wenn Du nur noch raus willst aus dieser schlimmen Situation.
Alles Liebe